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Women in Tech: Lena

P mit Sternchen

„Projekte sind ordentlich aufgesetzt und haben so die Chance, smooth abzulaufen“, so fasst Lena die Ergebnisse ihrer Arbeit als P* in Softwareprojekten zusammen. Was sich genau dahinter verbirgt und warum sie gerade als Quereinsteigerin echten Mehrwert in Entwicklungsteams schafft, darüber spricht sie in dieser Folge des INNOQ Podcasts.

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Stefanie: Hallo und herzlich willkommen zum INNOQ Podcast. Ich habe heute Lena zu Gast, eine Woman in Tech. Das heißt, es geht heute mal wieder um das Thema Frauen in der IT-Branche. Hi Lena, ich freue mich, dass du da bist.

Lena: Hi Steffi, ich freue mich auch.

Stefanie: Bevor wir hier gestartet haben heute Morgen habe ich mir die Frage gestellt, warum wir uns eigentlich nicht bei dir im Wohnzimmer auf ein Käffchen treffen und uns zusammen setzen, weil wir sind ja Nachbarn sozusagen.

Lena: Richtig.

Stefanie: Also wir hätten das mal wieder vor Ort machen können, anstatt uns hier remote über dem Bildschirm anzuschauen und miteinander zu sprechen.

Lena: Ja, das stimmt.

Stefanie: Hätten mal früher auf die Idee kommen.

Lena: Nächstes Mal! Beim nächsten Podcast machen wir das so.

Stefanie: Genau, und man kann sagen, ohne dich würden wir uns ja gar nicht unterhalten, weil du hast mich damals angesprochen, ob ich mich nicht bei INNOQ bewerben möchte und du hast mich empfohlen. Das ist eigentlich ein schönes Beispiel dafür, dass auch Frauen sich mal weiterempfehlen können.

Lena: Ja, das stimmt. Und ich wusste ja, dass wir jemanden suchen und ich war mir aber nicht so sicher, ob du suchst, sozusagen. Und dann habe ich dir das einfach mal erzählt. Und das ist ja auch so, dass man erst mal einfach nur irgendwas erzählt und dann gar nicht weiß, was am Ende daraus entsteht. Und dass du tatsächlich dann bei INNOQ angefangen hast, das war gar nicht so abzusehen, finde ich am Anfang. Und jetzt finde ich das großartig, dass ich direkten Draht habe zu dir.

Stefanie: Zum Marketing.

Lena: Genau.

Stefanie: Sehr cool. Lena, du bist ja auch ein schönes Beispiel dafür, dass man nicht unbedingt programmieren muss, um in der IT zu arbeiten. Ich freue mich da heute mit dir darüber zu sprechen, warum das so ist und wie dein Lebensweg so gewesen ist, bevor du zur INNOQ gekommen bist. Bevor wir da loslegen, stell dich doch mal ganz kurz vor, damit unsere Zuhörerinnen und Zuhörer auch wissen, mit wem sie es hier zu tun haben.

Lena: Ja, ich bin Lena. Ich arbeite jetzt seit etwas mehr als vier Jahren bei INNOQ. Und zwar arbeite ich in einer Rolle, die nennt sich bei uns P Sternchen. Beziehungsweise umfasst das eigentlich mehrere Rollen oder mehrere Tätigkeiten, dass wenn man als P Sternchen bei INNOQ ist, dann kann das so eine Rolle sein, wie Product Owner, Productmanagement, Projektmanagement oder auch Agile Coaching. Und all diese Dinge habe ich tatsächlich auch schon gemacht, mit unterschiedlichen Schwerpunkten, aber da reden wir bestimmt später noch darüber.

Stefanie: Genau. Ich habe das ja schon so ein bisschen angedeutet, du bist keine Entwicklerin.

Lena: Richtig.

Stefanie: Okay. Ich habe das ja schon angedeutet, dass du eben keine Programmiererin bist, keine Entwicklerin bist, sondern dass du so über die Seitenlinie reingrätscht bist in den IT Beruf. Erzähl doch mal, wo du beruflich herkommst.

Lena: Ich habe Sozialwissenschaften studiert mit Schwerpunkt Soziologie. Und vorher habe ich eine pädagogische Ausbildung gemacht, bin anschließend an die Uni gegangen, bin nach Hamburg gegangen zum Studieren, habe dann noch einen Master gemacht. Nach dem Studium habe ich angefangen in der Kinder und Jugendpsychiatrie zu arbeiten. Das war in einem Kinderkrankenhaus. Die hatten so eine psychiatrische Abteilung auch und das war eigentlich mein richtiger erster Job sozusagen, wo ich Vollzeit ganz ernsthaft und erwachsen gearbeitet habe. Da war ich sieben Jahre, also relativ lange. Ich war dort auf einer Station, das war eine Station für Jugendliche und gleichzeitig eine Notaufnahme Station. Also kann man sich vorstellen, dass da Jugendliche zwischen 13 und 18 hinkamen, die in einer Notsituationen waren und auch gar nicht mehr so richtig die Entscheidung treffen konnten, ob sie da sein wollen oder nicht. Das heißt, wir hatten auch Jugendliche da, die gegen ihren Willen da waren. Wir hatten aber auch Patienten und Patientinnen, die längerfristig da waren und richtig Therapie gemacht haben. Und die haben viel in Gruppen gearbeitet. Da geht es dann darum, wie geht es weiter? Wie kann es zum Beispiel weitergehen mit der Schule? Viele von denen sind lange Zeit nicht zur Schule gegangen und mussten da erst mal wieder herangeführt werden. Oder wie geht es weiter mit einer Ausbildung? Oder kann ich eigentlich zurück nach Hause? Oder will ich eigentlich lieber in einer WG wohnen? Und da haben wir viel mit Gruppen gearbeitet, was total Sinn macht, weil diese Jugendlichen untereinander sich so viel Feedback geben können, denen Erwachsene gar nicht geben können. 14, 15-jährige ziehen unheimlich viel daraus, was die Peergroup macht und nicht was die Erwachsenen machen. Und diese Gruppen habe ich auch moderiert und angeleitet. Nicht nur ich, meine Kolleginnen und Kollegen natürlich auch. Aber das war so ein bisschen das, was ich viele Jahre dort gemacht habe. Und anschließend habe ich noch mal den Arbeitgeber gewechselt und habe aber weiter viel Gruppenarbeit gemacht. Das waren dann Erwachsene, aber ich habe immer gerne so was gemacht, dass man nicht jemanden sagt, was er jetzt zu tun hat oder wie das jetzt laufen soll, sondern dass Sachen aus der Gruppe entstehen, die dann irgendwie auch umgesetzt werden können. Davon war ich immer Fan.

Stefanie: Also nicht eine Lösung vorsetzen, sondern Impulse geben, damit die Jugendlichen oder auch die Erwachsenen dann sich selbst helfen können sozusagen und sich gegenseitig unterstützen.

Lena: Genau. Und sich auch mündig fühlen, das selber zu tun. Weil ich glaube, gerade die Jugendlichen, aber auch die Erwachsenen, die ich in der Gruppe hatten, haben häufig die Erfahrung gemacht, dass andere für sie entscheiden. Was ja auch bei Kindern absolut Sinn macht in einem gewissen Ausmaß. Aber tatsächlich glaube ich sehr an Selbstermächtigung und Selbstverantwortung zu übernehmen und daraus eben zu wachsen oder mehr Selbstbewusstsein zu bekommen.

Stefanie: Also zur Selbstständigkeit verhelfen.

Lena: Genau.

Stefanie: Du bist ja irgendwann an einen Punkt gekommen, wo dieser ehemals Traumjob dann für dich irgendwie gar kein Traumjob mehr war.

Lena: Ja, irgendwie ist das sehr gekippt mit der Geburt meiner Kinder. Ich habe auf einmal große Schwierigkeiten gehabt. Also zu dem Zeitpunkt war ich noch in der Kinder und Jugendpsychiatrie und ich hatte große Schwierigkeiten auf einmal emotional damit zurechtzukommen. Ich war vorher da emotional nicht wahnsinnig involviert, so dass ich die Sachen mit nach Hause genommen habe oder so. Ich konnte mich super abgrenzen. Aber auf einmal hat das nicht mehr so für mich funktioniert. Das hat mich mehr und mehr angefasst diese ganzen Familiensachen, die dann da waren, weil wir haben natürlich auch viel Elternarbeit gemacht, soweit das eben möglich war. Und das war für mich sehr schwierig, dann mit den Eltern zu arbeiten, wo ich genau wusste, was da gelaufen ist zu Hause und was die vielleicht gemacht haben oder nicht gemacht haben. Und ich konnte mich davon nicht mehr so gut abgrenzen. Und dann ist es ja auch so, dass sowohl Psychiatrie, aber auch die Arbeit, die ich danach gemacht habe, das ist ganz viel Beziehungsarbeit. Und es ist so, dass man sich abends manchmal fühlt wie so ein Waschlappen, den man so ausgewrungen hat. Und dann geht man nach Hause und hat dort zwei kleine Kinder, die auch noch Beziehung wollen von einem natürlich, noch viel mehr. Und das war dann so, dass ich dachte: Nee, ich muss ein bisschen weg von dieser Beziehungsebene. Ich meine, letzten Endes ist natürlich alles irgendwie Beziehungsarbeit, wenn man mit Menschen was macht. Aber ich finde, dass in dem sozialpädagogischen Bereich ist die Beziehungsarbeit, das ist das, was man tut, das ist der Kern, dass ist das Zentrum und davon wollte ich irgendwie weg.

Stefanie: Das ist vermutlich auch sehr persönlich. Die Schicksale, die man da mitbekommt. Das lässt einem dann nicht mehr so kalt.

Lena: Es lässt einen nicht kalt und die wollen ja auch alle irgendwas von einem. Also die verhandeln auch die ganze Zeit, wie persönlich sie mich kennen. Es ist die ganze Zeit ein Ausbalancieren daraus, wie viel man von sich selber, von seiner eigenen Persönlichkeit auch mit reinbringt, von seiner eigenen Geschichte. Und man kann sich gar nicht vorstellen, so Jugendliche in einer Psychiatrie, das ist so viel Beziehungsarbeit und die finden es unglaublich spannend, was ich auch mache, wie ich privat bin, ob ich Kinder habe, ob ich einen Mann habe. Das wird die ganze Zeit mitverhandelt, wie viel die auch von mir wissen. Und da muss man die ganze Zeit das ausbalancieren. Und das nimmt schon viel Kraft.

Stefanie: Kann ich mir gut vorstellen. Du hast dann ja für dich entschieden, dass das so nicht weitergeht. Was war dann deine erste Überlegung? Okay, Branche wechseln, ein ganz anderes Gebiet? Oder vielleicht noch mal innerhalb des sozialpädagogischen Bereichs wechseln? Wie bist du da vorgegangen?

Lena: Ich hatte schon immer Kontakt zu Menschen aus der IT. Im Studentenwohnheim, wo ich gelebt habe, das war in der Nähe der Technischen Universität Hamburg, da haben mit mir noch fünf andere gelebt, die alle dort studiert haben. Und das waren alles werdende Ingenieurinnen oder Informatiker oder Flugzeugbauerinnen. Und die haben alle was Technisches gemacht. Und bei uns im Wohnzimmer waren immer irgendwelche ITler da. Also es war sehr technisch orientiert und ich wusste immer, was die so machen. Mir war auch klar, dass es in diesem Bereich auch Leute wie mich gibt, die eben nicht entwickeln können. Da kam ja auch schon diese agile Bewegung auf und so, das war dann auch alles schon in den Anfängen. Und ich hatte dann immer weiter auch Kontakt privat zu Menschen, die in der IT gearbeitet haben. Und ich wusste eigentlich immer, dass das auch eine Option ist, aber es wirkte auch gleichzeitig sehr weit weg für mich. Ich kannte INNOQ schon vom Hörensagen, aber ich hatte auch so eine Idee von: Wenn man viel lernen möchte in kurzer Zeit, dann ist es ja eigentlich keine ganz doofe Idee, in die Beratung zu gehen. Dadurch, dass man dann halt verschiedene Projekte hat und viel sieht in kurzer Zeit. Und ich habe aber natürlich, bin quasi dem Irrtum erlegen, wie viele andere auch, dass ich dachte: Beratung, das kann ich nie und nimmer vereinbaren mit meiner familiären Situation.

Stefanie: Wegen der Reisetätigkeit.

Lena: Richtig, wegen der Reisetätigkeit. Und ich hatte auch dieses Bild: Montag bis Donnerstag bist du beim Kunden und auch 100% Stelle. Dann dachte ich: Egal, ich habe ja nichts zu verlieren. Ich bewerbe mich mal und habe dann angefangen, mich bei Beratungsfirmen zu bewerben. Aber INNOQ war nicht die erste, sondern ich habe mich vorher schon woanders beworben bei einer großen Beratungsfirma. Die hätten mich tatsächlich auch genommen, aber da war es tatsächlich so, da hätte ich so ein Programm mitmachen müssen, so ein Junior Programm. Also die hatten richtig so ein Prozess für Leute wie mich. Und das wäre aber in einer anderen Stadt gewesen und auch über viele Wochen, Vollzeit und da gab es keine Optionen, das irgendwie anders zu machen.

Stefanie: Da hättest du erst mal in so einem Bootcamp gemusst, vier Wochen in Frankfurt am Main oder keine Ahnung wo.

Lena: Ja, genau richtig. Also es waren acht Wochen tatsächlich. Und ich glaube, meine Kinder waren zu dem Zeitpunkt zwei oder drei Jahre alt, also noch klein. Und dann habe ich gesagt: Okay, das nicht. Aber ich habe schon mal die Erfahrung gemacht, dass sie nicht gleich gesagt haben: Was willst du denn von uns? Und das war schon mal positiv. Und dann hat jemand zu mir gesagt: Hier INNOQ, das ist so ein cooler Laden, bewirb dich doch da einfach mal! Und dann dachte ich, okay, ich mache noch mal weiter. Und dann habe ich diese Bewerbung geschrieben und sehr schnell danach habe ich eine Mail zurückbekommen und eine Einladung zum Gespräch. Das ging sehr schnell.

Stefanie: Ich glaube, du hast auch geduzt. Das ist eine lustige Geschichte.

Lena: Genau, irgendjemand hat zu mir gesagt: Ja, wenn du die Bewerbung schreibst, dann musst du nicht siezen, schreib einfach du. Und ich habe gedacht, nie im Leben schreib ich jetzt eine Bewerbung, wo ich die Leute duze, das geht ja gar nicht. Und dann meinte dieser Freund: Doch, mach das mal. Das kannst du machen. Und dann dachte ich, ich kenne ja niemanden da, ich mache das jetzt einfach. Und habe meine erste und einzige Bewerbung in meinem ganzen Leben in Du Form geschrieben. Ich habe das auch gar nicht noch mal nachgefragt später, wie das ankam. Es hat überhaupt niemand kommentiert in irgendeiner Weise. Und es hat ja auch funktioniert.

Stefanie: Der Erfolg hat dir recht gegeben. Ich habe dann meine Bewerbung natürlich auch in Du Form geschrieben.

Lena: Hat auch geklappt. Also als Tipp, wer sich bewerben möchte, einfach in Du Form, da kann nichts schiefgehen. Und genau dann hatte ich mein Vorstellungsgespräch und das war auch sehr lustig. Also ich glaube ja, dass die Menschen, bei denen ich das Gespräch hatte, die interviewen in der Regel Entwickler und wissen dann auch ganz genau, was sie diese Entwickler fragen und ich glaube, dass war bei mir nicht ganz so klar, was man jetzt fragt, um rauszubekommen, ob das passt. Und das war halt echt so ein Gespräch, das war sehr angenehm und auch sehr formlos. Und das hat ja auch dazu geführt, dass ich angefangen habe, deswegen hat alles wunderbar geklappt.

Stefanie: Ja, super, dass es geklappt hat. Du bist dann ja quasi eingestiegen und wahrscheinlich war von Anfang an klar, okay, du bist jetzt einfach noch nicht die ausgebildete P Sternchen. Wie bist du denn da so reingekommen in deine Aufgaben? Und wie hast du dir auch einen Überblick verschafft, was da alles zugehört?

Lena: Ja, ich hatte natürlich von Tuten und Blasen keine Ahnung, was das angeht. Wir hatten ein bisschen diese Abmachung, dass ich im ersten Jahr bei INNOQ lernen kann und habe auch ein paar Weiterbildungen gemacht. Ich habe Projektmanagement Scrum Master solche Sachen habe ich mir alles angeschaut und war aber parallel in einem internen Projekt, wo ich das alles schon anwenden konnte und ausprobieren konnte, aber ohne dass ich jetzt direkt beim Kunden auf die Nase fallen kann. Und das war halt super, dass ich erstmal diese Möglichkeit hatte, so ein bisschen zu lernen und zu schauen, wie läuft das eigentlich? Und dann, nach diesem ersten Jahr war ich dann auch in Projekten. Das ging dann relativ schnell und habe da auch die verschiedensten Sachen gemacht. Also so Product Ownership hat mich begleitet, das Thema in verschiedensten Ausprägungen, zum Beispiel Business Analyse habe ich gemacht, Produktmanagement habe ich gemacht, PO. Oder ich war auch in einem Projekt, wo es einen PO gab und ich war aber die Sparring Partnerin von dem, habe den unterstützt, habe aber auch als Agile Coach in Projekten gearbeitet. Also alles im Prinzip sowohl auf so einer Prozess Ebene, wo man quasi beim Team viel ist als auch auf so einer fachlichen Ebene, ist dann in den nächsten Jahren in beide Richtungen was passiert.

Stefanie: Das war ja schon eine ganz gute Zusammenfassung dieser P Sternchen Rolle. Also das klingt schon nach einem vielfältigen Aufgabengebiet. Wie würdest du denn so P Sternchen beschreiben, wie ist denn das definiert bei INNOQ? Weil P Sternchen klingt ja erst mal niedlich. P mit Sternchen. Kann alles heißen oder nichts. Wie würdest du das denn so zusammenfassen? Welche Rollen in der Softwareentwicklung umfasst das? Was kann das sein? Und genau, dann können wir uns ja mal drüber unterhalten im Nachgang, was man dafür so mitbringen könnte, sollte.

Lena: Also im Grunde sorgt so eine P Sternchen Person dafür, dass Projekte ordentlich aufgesetzt sind und smooth ablaufen. Es geht irgendwie darum das in verschiedenen Rollen zu tun. Also das, was ich eben beschrieben habe. Das kann quasi in so einer Rolle sein, wo man wirklich als Product Verantwortlicher oder Verantwortliche irgendwo ist oder Projektmanagement. Es kann aber auch Rollen sein, wo man Teams einfach unterstützt, dass sie vernünftig arbeiten können. Und es kann sich durchaus hier auch Durchmischungen ergeben. Ich war auch mal in einem Projekt, wo ich eigentlich als Scrum Master dabei war, aber dadurch das fachlich eine Lücke gab in einem bestimmten Bereich, bei der Business Analyse, es gab einfach niemanden, keine Person, die das hätte machen können, die dafür Ressourcen hatte, habe ich das mit einer Kollegin zusammen gemacht. Das hatte mit der Aufgabe von der Scrum Masterin erst mal nichts zu tun. Aber wir haben es halt einfach getan. Und das sind so Sachen, die oft im Projekt erst so richtig auftauchen, dass man merkt, okay, wo fehlt was? Und wo kann ich einspringen und das machen. Also wo kann ich facilitaten sozusagen. Und da habe ich oft schon in Projekten die Erfahrung gemacht, dass das ein bisschen auch ein Überraschungsei ist.

Stefanie: Das heißt, man geht rein mit einer Aufgabe und dann entwickelt sich das im Laufe der Zeit?

Lena: Genau.

Stefanie: Das heißt, man muss auch flexibel sein.

Lena: Da sind wahrscheinlich manchmal auch Grenzen gesetzt. Ich glaube durchaus, dass es Leute gibt, die sind Scrum Master und die möchten auch nicht fachlich irgendwas machen. Wobei also ich würde behaupten, jeder Scrum Masterin oder Scrum Master muss zumindest ein bisschen fachlich wissen, was los ist, weil wie soll man sonst merken, wenn Diskussionen entgleisen? Wenn man überhaupt keine Ahnung hat, worum es fachlich geht. Ich finde, so einen gewissen Anspruch würde ich da an alle haben. Aber ich glaube trotzdem, es gibt durchaus Scrum Master, die sagen, ich möchte keine PO Tätigkeiten übernehmen. Aber in einem gewissen Rahmen glaube ich schon, dass es gut ist, ein bisschen Flexibilität mitzubringen, ja.

Stefanie: Und dieses fachliche Wissen, wie hast du dir das angeeignet?

Lena: Meine Lernkurve war sehr hoch, in jedem Projekt sehr steil. Ich versuche mich da rein zu arbeiten, so gut ich kann und fordere auch häufig Entwickler oder Entwicklerinnen auf, mir Sachen zu erklären auf einem sehr niedrigen Level. Ich sage immer: Du musst mir das so erklären, als wäre ich deine Großmutter. Und dann funktioniert das ganz oft. Und versuche wirklich, ein Gefühl dafür zu bekommen. Das ist aber immer was, was in den Projekten entsteht. Deswegen profitiert man sehr stark davon, wenn man lange in Projekten ist, finde ich. Weil man das Wissen ansammeln kann in der Zeit. Aber es ist schon so, dass man am Anfang, bei mir ist es so, dass ich sehr viel zu tun habe, weil ich sehr viel lerne innerhalb kürzester Zeit.

Stefanie: Dass sind wahrscheinlich diese sehr intensive Einstiegsphasen in Projekten.

Lena: Genau, aber das macht auch total Spaß, weil dann so richtig was los ist.

Stefanie: Wenn du jetzt mal so vergleichst, das was du früher gemacht hast in deinem Jobleben und heute, gibt es da Parallelen?

Lena: Parallelen gibt es auf jeden Fall bei allen Sachen, die mit den Teams zu tun haben und der Gruppenarbeit, die ich vorher gemacht habe. Die Themen sind natürlich andere, man redet über andere Sachen. Aber letzten Endes sind so Teamprozesse, diese ganzen Dynamiken, die entstehen zwischen den Leuten, sind auch nicht anders als bei einer Gruppe, die man jetzt irgendwie im sozialpädagogischen Bereich anleitet. Das sind ja ähnliche Sachen, die zwischen den Menschen passieren.

Stefanie: Auch Beziehungsarbeit.

Lena: Auch Beziehungsarbeit, ja. Und das ist auch gut so. Das mag ich ja auch. Wo der Unterschied ist, ist, dass der Kern dieser ganzen Sache, nicht Dinge sind, die psychischer Natur sind, sondern es geht darum, zusammen etwas zu bauen, etwas zu machen, was vorher noch nicht gab oder etwas besser zu machen. Und das gefällt mir total gut, dass ich daran beteiligt bin, wirklich etwas zu erschaffen und mitzumachen. Ein Team, das zusammen ein Ziel hat, da Teil davon zu sein, ein Rädchen im Getriebe zu sein, zusammen etwas zu machen, das finde ich ganz toll. Und das ist eben bei der Gruppenarbeit, die ich vorher gemacht habe, kommt das natürlich viel zu kurz und man erschafft ja nichts zusammen. Es gibt hinterher nicht etwas, was du anfassen kannst oder anschauen kannst, was vorher nicht da war.

Stefanie: Es ist eher ein Prozess, vielleicht auch nie abgeschlossen.

Lena: Richtig. Man begleitet über einen gewissen Lebensabschnitt die Leute und danach geht es für die genauso weiter. Und in der IT jetzt, finde ich es einfach toll, dass man so zusammen was erschafft. Ja, ich vergleiche das innerlich immer so ein bisschen mit so einem Handwerksberuf. Wenn man wirklich so ein Dachdecker ist oder Dachdeckerin, hinterher hat man was, was von Wert ist und was Menschen was nützt. Und das mitzumachen finde ich halt super.

Stefanie: Klingt gut. Sind Projekte besser, wenn ein P Sternchen involviert ist, deiner Meinung nach?

Lena: Meiner Meinung nach unbedingt. Sage ich mal ganz neutral. Zum Beispiel, wenn man jetzt die Rolle eines Agile Coaches nehmen, gibt es viele Teams, die ohne Agile Coach zurechtkommen, die irgendwie auch agil arbeiten, aber die das halt so tun, ohne dass sie jemanden haben, der für diese Prozesse verantwortlich ist. Und das funktioniert auch. Ich würde niemals sagen, so eine Person muss es geben. Aber meine Erfahrung ist, dass sich viele Dinge extrem vereinfachen, wenn man so jemanden an Bord hat für die Teams. Natürlich ist das aus meiner Warte ein bisschen schwierig zu sagen, weil wenn ich da bin, merke ich ja nur, wie es ist, wenn ich da bin. Ich weiß ja nicht, wie es vorher war, sozusagen. Und ansonsten glaube ich, dass wir gemerkt haben bei INNOQ, dass unsere Teams sehr profitieren, wenn wir so eine Person mit in die Projekte bringen. Natürlich muss es immer so sein, dass es einen Mehrwert hat. Also es hat kein Selbstzweck, sondern diese Leute, die unterstützen in Bereichen vom Projekt so, dass man hinterher ein besseres Produkt hat oder ein besseren Projektabschluss hat. Und zu erkennen, was dafür getan werden muss und welche Lücken gefüllt werden müssen, da sind wir wieder bei dem Punkt, wie vorhin bei dieser Flexibilität oder auch das zu sehen und nicht nur zu sagen: Ach, ich bin hier, und zwar für Requirements Engineering und nichts anderes werde ich in diesem Projekt tun, auch wenn ich merke, dass es vielleicht eigentlich an einer anderen Stelle hakt. Das ist halt dann wenig hilfreich. Also ich glaube, es ist super hilfreich, wenn man auch in der Lage ist, die Augen aufzumachen und zu schauen, was braucht es hier? Und kann ich das machen oder muss jemand anderes das machen? Und ich mache nur darauf aufmerksam, wie auch immer. Aber den Kunden zu helfen und auch wirklich über den Tellerrand hinaus zu schauen, glaube ich, kann so eine Rolle in jedem Projekt hilfreich sein.

Stefanie: Klingt nach einem großen Mehrwert.

Lena: Ja, genau.

Stefanie: Wir haben ja ganz kurz schon angeschnitten, du bist ja Consultant bei INNOQ und du hast Familie. Wie geht das zusammen?

Lena: Jetzt nach Corona sozusagen, ist es natürlich noch mal ein anderes Spiel. Aber als ich angefangen habe, war es schon so, dass das kurz thematisiert wurde, auch im Vorstellungsgespräch, dass ich kleine Kinder habe. Und mir wurde nie, nicht ein einziges Mal das Gefühl gegeben, dass das ein Problem ist. Sondern ich wurde gefragt: Wie viel kannst du dir denn vorstellen zu reisen? Und da habe ich dann drauf geantwortet, habe ich auch vorher abgesprochen mit meinem Mann, was ich darauf sage. Und das wurde einfach so hingenommen erst mal.

Stefanie: Was war denn so dein Angebot?

Lena: Ich habe gesagt, ich könnte mir vorstellen, alle zwei Wochen zwei oder drei Tage zu reisen. Und das war auch völlig in Ordnung. Hat auch niemand erstaunt geschaut. Und das war auch die maximale Reisezeit, die ich dann zukünftig hatte in Projekten. Also ich bin häufig dann so zu Sprintwechsel oder so irgendwo hingefahren, habe das auch sehr gerne gemacht, weil es ist toll vor Ort zu sein, die Leute zu sehen und es ist auch toll, mal in einem Hotel zu schlafen, wenn man zwei kleine Kinder hat. Das heißt, es war tatsächlich für mich auch wirklich schön. Und dann kam Corona. Und dann kam eine Zeit, die ziemlich fürchterlich war für Familien, weil sämtliche Einrichtungen geschlossen hatten und die überwiegende Meinung aber war, man kann ja im Homeoffice trotzdem arbeiten, auch wenn die Kinder zu Hause sind. Und das war halt sehr fürchterlich, weil ich auch in einem Kunden-Projekt war. Und natürlich ist das einmal niedlich, wenn die Kinder in das Meeting platzen und beim fünften Mal ist halt nicht mehr niedlich.

Stefanie: Ich glaube, es ist für alle, die das sehen, ist es niedlich. Aber wenn du selber im Büro sitzt und deine Kinder ständig ankommen, ist es irgendwann nicht mehr niedlich.

Lena: Ja, genau. Also es war wirklich eine sehr besondere Zeit. Und jetzt ist es aktuell so, in dem letzten Projekt, wo ich war, dass eigentlich überhaupt niemand mehr irgendwohin gereist ist. In den Firmen selbst gibt es mittlerweile eine ganz andere Kultur. Viele sind im Homeoffice, zumindest teilweise. Manche befinden sich auch wieder auf dem Weg zurück in Office Anwesenheit. Ich glaube, das ruckelt sich alles noch so zurecht gerade, aber die Akzeptanz für eine Beraterin, die sagt, ich kann jetzt nicht ständig kommen oder ich würde gern von zu Hause viel arbeiten, ist definitiv sehr groß. Ich bin eher die Person gewesen, die gesagt hat: Lass uns jetzt mal treffen! Weil das auf einmal dann gar nicht mehr passiert. Also von daher, reisen muss ich aktuell nicht viel. Vielleicht bin ich einmal im Monat weg und das ist von der Organisation wirklich überhaupt kein Problem.

Stefanie: Super. Ja, das mit dem Vorort Treffen kann ich auch nur unterschreiben. Ich arbeite auch 100 % im Homeoffice und sich ab und zu mal, auch wenn es nur ein Essen ist oder miteinander arbeiten, wenn man sich da trifft, das ist viel wert auch für den Team-Kit.

Lena: Ja, genau. Das darf man wirklich nicht unterschätzen, wie viel das ausmacht, mal einen Workshop zusammen zu machen oder eben auch nur zu essen. Weil das Teamgefühl, die Teamdynamik leidet natürlich ein bisschen unter dem Remote Ding. Also das kann man alles machen, aber sich wirklich mal in die Augen zu schauen, ohne Bildschirm und was zusammen zu machen, das wirkt sich so positiv aus auf das ganze Team Gefüge, das mir fast ein bisschen zu kurz kommt tatsächlich aktuell. Aber für die Familien-Organisationen ist es natürlich super.

Stefanie: Und Menschen sind auch verschieden. Wir mögen ein Fan sein von Vorort treffen, andere Menschen ticken da anders. Von daher ist es die Kunst, ein Mittelweg zu finden.

Lena: Das ist richtig. Für viele ist das ja auch wirklich eine große Erleichterung, dass das nicht im Raum steht, sich ständig zu treffen.

Stefanie: Wir haben ja gesagt, du bist ein Paradebeispiel dafür, dass man nicht entwickeln muss, um in die IT einzusteigen. Ich erinnere mich, letztes Jahr haben wir dazu eine Veranstaltung zusammen gemacht, den Girls Day. Da haben wir auch Rollen vorgestellt in der IT, für die man tatsächlich keinen Entwicklerhintergrund braucht. Erzähl mal kurz, wie du diesen Tag empfunden hast.

Lena: Also der Girls Day war beeindruckend für mich. Das war mein erster Girls Day.

Stefanie: Hast du mal an einen selber teilgenommen?

Lena: Nein. Ich weiß, es ist irgendwie komplett an mir vorbeigegangen. Ich bin aber auch im tiefsten Dorf aufgewachsen. Ich weiß gar nicht, ob der Girls Day es dahin geschafft hat.

Stefanie: Ich glaube, zu meiner Zeit gab es den noch gar nicht.

Lena: Der Girls Day war super. Da kamen diese Mädchen, vielleicht so 8. Klasse, 7. Klasse. Das war super. Ich liebe das ja sowieso, ich bin gerne unter Frauen. Ich finde das immer toll. Wir hatten ja auch Männer dabei, die waren aber in der absolut überwältigenden Minderheit. Es war ein großer Haufen von Frauen und Mädchen. Und so was finde ich halt immer super, was dann da entsteht. Und die waren so super fit, ich vergesse das immer, dass sind ja wirklich Digital Natives. Also das sind wir ja eigentlich gar nicht. Wir sind ja damit gar nicht aufgewachsen, aber die schon. Und wenn man denen dann auf einmal sagt, bau mal was in Figma, die sind so wahnsinnig schnell damit. Und das hat unglaublich Spaß gemacht. Wir haben ja quasi eine App für ein Tierheim als Produkt entwickelt, also Hunde Tinder haben wir es genannt, und das war der Use Case und dann sollten die halt quasi dafür diese Anforderungen ermitteln. Und einen kleinen Prototypen bauen mit einem Grafik Tool, Figma. Das haben die dann vorgestellt diesen Prototypen am Ende des Tages selber auf ihrem Handy. Das war wirklich toll und da gab es glaube ich auch mindestens eine, die sich hinterher für ein Praktikum beworben hat bei uns.

Stefanie: Zwei Mädels.

Lena: Das hat wirklich wahnsinnig viel Spaß gemacht. War ein toller Tag.

Stefanie: Und die gute Nachricht ist, dass wir das dieses Jahr noch mal machen am 27. April. Diesmal nicht in Hamburg, sondern in Düsseldorf. Aber mit einem ähnlichen Thema. Es geht halt auch dabei ein Produkt von der Idee bis zur Realisierung einmal durchzuspielen, was für Zyklen man da durch durchlaufen muss, es geht auch um dieses Anforderungen einholen und User Story schreiben und dann den Prototypen in Figma erstellen mit einer leicht anderen App. Das verrate ich aber noch nicht, worum es da geht. Aber noch haben wir Plätze frei. Nur noch vier. Also von daher, ihr könnt euch noch anmelden.

Lena: Ja, macht das. Das war wirklich toll. Wir hatten auch ein paar Kolleginnen, die von sich erzählt haben. Wir hatten eine Kollegin dabei, die auch Entwicklerin ist und gesagt hat, sie war nie gut in Mathe. Das fand ich wirklich interessant. Sie hat gesagt, sie war nie gut in Mathe und sie hat jetzt Informatik studiert, ist jetzt fertig. Wir hatten auch so ein paar Gäste sozusagen dabei, die von sich was erzählt haben.

Stefanie: Aminata war noch dabei, die erzählt hat, wie man Software-Architektin wird. Und das fand ich auch ganz spannend. Die Mädels, die haben sie da tatsächlich gelöchert. Haben wir vorher so gar nicht erwartet, dass sie so proaktiv sind.

Lena: Die waren wirklich sehr lebhaft die Mädels. Die haben viel gefragt, viel gemacht, die haben das so richtig für sich ausgenutzt den Tag.

Stefanie: Von daher wäre cool, wenn wir die Bude wieder voll bekommen in Düsseldorf. Lena, ich danke dir für das Gespräch. Sehr spannend dein Lebensweg zu hören und ich hoffe, euch da draußen hat es auch Spaß gemacht. Wenn ihr Fragen habt, schreibt uns eine E-Mail. Und ansonsten sage ich, Tschüss und bis zum nächsten Mal!

Lena: Vielen Dank, Steffi. Tschüss, bis bald.