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Dieser Artikel ist Teil einer Reihe.
- Teil 1: Gängige Methoden im Umfeld soziotechnischer Architekturen
- Teil 2: Plattformen, Teams und APIs: Wie passt das zusammen?
- Teil 3: Soziotechnische Architektur als Wettbewerbsvorteil
- Teil 4: Vergesst die Menschen nicht
- Teil 5: Wieviel Denken erträgt ein Team?
- Teil 6: Interne Entwicklungsplattformen – Shift Down statt Shift Left
- Teil 7: Enabling von Stakeholdern als Erfolgsfaktor (dieser Artikel)
- Teil 8: Soziotechnische Architekturen: Informalität vom Bergbau bis heute
Was bedeutet Enabling von Stakeholdern?
„Enabling von Stakeholdern“ bedeutet, die beteiligten Interessengruppen so zu befähigen und zu unterstützen, dass sie aktiv und kompetent an einem Veränderungsprozess mitwirken können. Dies umfasst insbesondere:
- die Vermittlung von Kenntnissen, die benötigt werden, um zielführende Entscheidungen zu treffen,
- die Bereitstellung relevanter Informationen und
- die Förderung eines gemeinsamen Verständnisses sowie einer klaren Kommunikationskultur.
Ziel ist es, dass alle Beteiligten die übergreifenden Ziele, die technischen und sozialen Aspekte einer Lösung sowie die fachlichen Anforderungen anderer Abteilungen verstehen und effektiv berücksichtigen können.
Warum ist das Enabling von Stakeholdern entscheidend?
Interdisziplinäre Komplexität meistern
Soziotechnische Architekturen zeichnen sich durch eine enge Verzahnung von technischen und menschlichen Faktoren aus. Sie erfordern, dass Stakeholder sowohl die technischen Systeme als auch die geschäftlichen Abläufe verstehen und steuern können. Ein isolierter Ansatz, der sich nur auf die Technologie oder die Interessen einzelner Stakeholder fokussiert, führt meist zu unvollständigen oder nur teilweise passenden Lösungen. Wenn jedoch das Management und die beteiligten Teams befähigt sind, technische und abteilungsübergreifende Business-Aspekte gleichermaßen zu berücksichtigen, entsteht eine Grundlage für nachhaltige Anpassungsfähigkeit, die über Abteilungsgrenzen hinausreicht.
Förderung der Akzeptanz und Motivation
Eine Architektur kann nur dann erfolgreich sein, wenn die beteiligten Menschen sie als wertvoll erachten und aktiv daran mitwirken. Wenn Stakeholder die Ziele und Vorteile des Systems verstehen, sind sie motivierter, zur Implementierung beizutragen. Ohne diese Akzeptanz drohen Projekte auf Widerstände zu stoßen oder nur halbherzig umgesetzt zu werden, was häufig zu ineffizienten oder unpassenden Lösungen führt.
Schnellere Anpassungsfähigkeit in einer dynamischen Umwelt
Unsere Geschäftswelt ist geprägt von stetigen Veränderungen. Märkte und Technologien entwickeln sich rasant, und Unternehmen müssen flexibel reagieren können.
Diese Flexibilität kann nur gewährleistet werden, wenn die Stakeholder über die notwendigen Kompetenzen und das Wissen verfügen, um das System kontinuierlich anzupassen und weiterzuentwickeln. Befähigte Führungskräfte und kompetente Teams sind hier von unschätzbarem Wert.
Wie können wir Stakeholder erfolgreich enablen?
Um das Enabling von Stakeholdern systematisch und zielführend zu gestalten, haben sich in der Praxis folgende Schritte bewährt:
Stakeholder-Analyse und Kommunikationsstrategie
Zu Beginn eines Vorhabens ist es wichtig, eine Stakeholder-Analyse durchzuführen, um die Bedürfnisse, Erwartungen und möglichen Widerstände der verschiedenen Interessengruppen zu identifizieren. Daraus lässt sich eine Kommunikationsstrategie ableiten, die alle Beteiligten auf den gleichen Wissensstand bringt und sie aktiv in den Prozess einbindet. Ein transparenter Kommunikationsfluss fördert die Bereitschaft, sich auf neue Lösungen einzulassen, und schafft die notwendige Basis für Vertrauen.
Wissenstransfer
Ein zentrales Element, um die Stakeholder zu befähigen, ist der Aufbau gemeinsamen Wissens. Dazu gehört, dass Management und beteiligte Fachbereiche ein grundlegendes Verständnis der technischen Aspekte und der geschäftlichen Abläufe entwickeln – auch über Abteilungsgrenzen hinweg. Durch Knowledge-Sharing-Sessions können Entscheidungsträger:innen sowohl die technischen als auch die fachlichen Grundlagen eines Vorhabens erlernen, die für die abteilungsübergreifende Entscheidungsfindung nötig sind.
Iterativer, kollaborativer Entwicklungsprozess
Ein erfolgreiches soziotechnisches System entsteht nicht von heute auf morgen, sondern durch einen iterativen, anpassungsfähigen Entwicklungsprozess.
Ein agiles Vorgehen, das regelmäßiges Feedback umfasst und Anpassungen ermöglicht, stellt sicher, dass das System kontinuierlich auf die Bedürfnisse der Stakeholder abgestimmt wird. Diese Iterationen fördern zudem die Zusammenarbeit und sorgen dafür, dass das System flexibel auf Veränderungen reagieren kann.
Visualisierungs-Tools
Tools, die sowohl technische als auch fachliche und prozessuale Aspekte der Architektur dokumentieren und visualisieren, können helfen, die Komplexität greifbarer zu machen. Sie bieten eine gemeinsame Basis für Diskussionen und erleichtern die Abstimmung zwischen unterschiedlichen Abteilungen. Diese Transparenz unterstützt die Stakeholder in ihrem Entscheidungsprozess und fördert das Verständnis über Abteilungsgrenzen hinweg.
Wer übernimmt das Enabling der Stakeholder?
Die Verantwortung für das Enabling der Stakeholder liegt häufig bei spezialisierten Rollen oder Teams, die sowohl technische als auch organisatorische Expertise vereinen. Ein prominentes Modell, das sich hierfür eignet, sind die Enabling Teams, die in Team Topologies beschrieben werden. Diese Teams agieren als Unterstützer und Vermittler, die andere Teams durch gezielte Maßnahmen in die Lage versetzen, ihre Ziele effektiver zu erreichen.
Ein Enabling Team arbeitet eng mit den beteiligten Fachabteilungen zusammen, identifiziert deren spezifische Bedürfnisse und Herausforderungen und bietet gezielte Unterstützung – sei es in Form von Schulungen, Workshops oder durch die Entwicklung maßgeschneiderter Tools und Prozesse.
Wenn es darum geht, neue Zusammenarbeits- oder Entscheidungsmodelle für die gesamte Organisation oder Teile davon zu entwickeln und umzusetzen, bietet es sich an, ein dediziertes Team aufzubauen. Dieses Team identifiziert die passenden Vorgehensweisen und vermittelt deren Anwendung allen Beteiligten.
Sind die Vorgehensweisen hingegen allen Beteiligten bereits klar und es geht primär um die Vermittlung von abteilungsübergreifenden Interessen und deren technische Abbildbarkeit, können auch einzelne Personen ihr Wissen weitergeben und eine gemeinsame Entscheidung herbeiführen.