Transkript

Open Spaces

Events zum Mitgestalten

Bei INNOQ gibt es regelmäßig Firmenevents mit technischen Talks und Workshops. Damit aber nicht alle Events nur aus Frontalvorträgen bestehen, nutzen wir regelmäßig auch die Open-Space-Methode. Was dahinter steckt, welche Regeln man für eine erfolgreiche Open-Space-Veranstaltung beachten sollte und wieso diese Art von Events besonders motivierend ist, darüber hat sich Lucas Dohmen mit Joy Clark und Jörg Müller unterhalten.

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Transkript

Lucas Dohmen: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge des INNOQ Podcast. Heute ist das Thema Open Spaces und dafür habe ich mir zwei Gäste eingeladen: Joy und Jörg.

Joy Clark: Hi. Jörg Müller: Hallo, Lucas.

Lucas Dohmen: Joy, magst du kurz sagen, für die Hörer die den Podcast noch nicht gehört haben, wer du bist, sonst müssten sie dich schon kennen.

Joy Clark: Ich bin Joy Clark und bin Consultant bei INNOQ. Ich beschäftige mich sehr viel mit Funktionaler Programmierung, Clojure und viele solcher Themen. Ich finde Open Spaces sind auch eine großartige Sache und deswegen bin ich hier.

Lucas Dohmen: Super, und du, Jörg?

Jörg Müller: Ich bin Jörg und bin Principal Consultant bei INNOQ. Ich beschäftige mich normalerweise mit Plattform- und Infrastrukturthemen und DevOps Sachen – darüber wollten wir auch mal einen Podcast machen und haben es immer noch nicht geschafft. Ich beschäftige mich nebenher auch mit dem Thema Open Space und finde das faszinierend und deshalb reden wir heute darüber.

Lucas Dohmen: Super! Warum sollte man denn auf uns hören, wenn es um Open Spaces geht? Was haben wir eigentlich mit Open Spaces zu tun?

Joy Clark: Wir haben bei INNOQ sechs interne Events pro Jahr und diese Events haben ganz viele verschiedene Formate. Klassischerweise waren darunter sehr viele Vortragsevents, wo Kollegen Vorträge gehalten haben, und das machen wir auch immer noch, aber manchmal möchte man ein anderes Format ausprobieren. Deswegen haben wir schon ein paar Events im Open-Space-Format moderiert und das ist uns sehr gut gelungen.

Jörg Müller: Das spannende dabei ist vor allem, dass man bei Open Space die einzelnen individuellen Interessen – und die sind bei uns sehr breit, etwas besser unterbringen kann. Man muss nicht zwangsläufig in einem Vortrag sitzen, der einen vielleicht nicht hundertprozentig interessiert. Man kann sich die Themen wirklich sehr gut selbst aussuchen.

Lucas Dohmen: Historisch gesehen haben wir schon lange etwas, das wir bei INNOQ Open Spaces genannt haben, aber wie wir dann später gemerkt haben, war das eher eine offene Diskussionsrunde und nicht so richtig das, was man mit Open Spaces meint. Kann einer von euch erklären, was denn ein Open Space ist? Ich glaube, viele Leute verstehen darunter verschiedenes.

Jörg Müller: Also das Format Open Space ist unter diesem Namen Mitte der achtziger Jahre von Harrison Owen vorgeschlagen und entwickelt worden. Die Gründungslegende zu dem Ganzen lautet, dass er auf einer Konferenz war, ich weiß gar nicht auf welcher, und sich mit ein paar Bekannten überlegt hat: Was war eigentlich das Beste an dieser Konferenz? Und ihnen fiel auf: Die Kaffeepausen.

Dann haben sie sich überlegt, wie das sein kann und woran das liegt und wie man eine Konferenz oder eine Veranstaltung bauen kann, die so ähnlich funktioniert, als wäre sie die gesamte Zeit über eine große Kaffeepause. Daraus sind dann die paar wenigen Regeln entstanden, die Open Spaces ausmachen. Das eine, was Open Spaces zentral ausmacht, ist, dass es keine Agenda gibt, sondern die Teilnehmer die Agenda am Anfang der Veranstaltung finden. Dann gibt es noch relativ wenig Regeln, wie das Ganze stattzufinden hat. Es sind genau vier Regeln und ein „Gesetz“. Die erste Regel ist: Wer auch immer kommt, sind die richtigen Leute. Das ist spannend, denn es gibt keine Ausrede nach dem Motto: „Wenn wir dieses Thema besprechen, muss aber unser Finanzchef dabei sitzen, weil wir sonst nicht darüber reden können.“ So etwas geht im Open Space nicht, sondern die, die da sind, sind die Richtigen und das ist die Basis. Die zweite Regel ist: Was auch immer geschieht, ist das Einzige was auch geschehen konnte. Das heißt, in der Zeit ist dieses Ereignis ein individuelles. Jeder hatte eine bestimmte Stimmung, als er vor Ort war, und das Ergebnis ist genau das, was zu dem Zeitpunkt herauskommen konnte. Man kann sich also kein festes Ergebnis wünschen, wie das normalerweise der Fall ist. Die dritte Regel ist: Es beginnt, wenn die Zeit reif ist. Das heißt, es gibt kein wirklich klares Takten, es muss nicht um Punkt zehn Uhr losgelegt werden und alle müssen sofort hell wach sein und reden. Man kann es stattdessen etwas lockerer angehen und schließlich ist es auch vorbei, wenn es vorbei ist oder es ist nicht vorbei, wenn es nicht vorbei ist.

Das ist auch eine spannende Sache, denn so eine Diskussion hat eine gewisse Energie und irgendwann merkt man, dass die Energie raus ist. Entweder ist die Veranstaltung sofort zu Ende und meistens ist das interessanterweise früher, also vor dem vielleicht geplanten Ende, weil man merkt, dass man eigentlich nichts mehr zu besprechen hat und dann auch gehen kann. Wenn man aber merkt, dass man am eigentlichen Ende noch Zeit hat, dann kann man es gerne auch etwas länger machen, das ist dann etwas lockerer. So, wie eben eine Kaffeepause ist.

Lucas Dohmen: Wie muss man sich das vorstellen, wenn es dann morgen heißt: Heute ist Open Space Event! Was passiert da?

Jörg Müller: Ich habe noch eine Sache vergessen, nämlich die vierte Regel, beziehungsweise Gesetz: Das Gesetz der Mobilität.

Joy Clark: Das Allerwichtigste!

Jörg Müller: Richtig. Das Wichtige dabei ist nämlich, dass niemand darauf festgelegt ist bei einer bestimmten Diskussionsrunde von Anfang bis Ende teilzunehmen, sondern man kann jederzeit zwischen den Veranstaltungen wechseln. Wenn man nichts mehr beizutragen hat oder nichts mehr lernen kann, dann sollte man einfach woanders hingehen oder sich vielleicht auch irgendwo in den Pausenraum setzen. Das ist wichtig, um sich erstens gegenseitig in den Sessions zu beeinflussen, aber auch um zweitens Langeweile zu vermeiden.

Joy Clark: Das führt außerdem dazu, dass alle Teilnehmer einer Session auch wirklich etwas beitragen oder mitnehmen wollen. Also wenn jeder dem Gesetz der Mobilität folgt, dann heißt das, dass alle Teilnehmer aktiv sind. Und deswegen ist es ein Gesetz und sehr wichtig.

Lucas Dohmen: Also wenn sich jemand in einem Open Space langweilt, dann hat er etwas falsch gemacht?

Joy Clark: Ich glaube, es ist sogar gut, das zu erwähnen, weil wir aus Höflichkeitsgründen gewohnt, sind Diskussionen zuzuhören, obwohl wir denken, dass uns das gerade nichts bringt. Aber wenn uns gesagt wird, dass wir gehen dürfen und sollten, dann können wir das einfach von dem Standpunkt aus auch machen.

Jörg Müller: Das Spannende ist, dass sich Open Space immer so schön liest und viele Leute den Begriff auch kennen. Man geht dann hin und probiert das erstmal ganz naiv – ohne Agenda, aber mit den vier Regeln – und dann wird das schon irgendwie funktionieren. Das haben wir auch probiert und mir wurde berichtet, da ich selbst nicht anwesend war, dass das nicht so besonders gut funktioniert hat. Lucas, ich glaube du hast das selbst erlebt, richtig?

Lucas Dohmen: Ja. Viele waren von dem Format etwas frustriert, weil sie das Gefühl hatten, dass die Open Spaces von einigen Personen sehr dominiert wurden und sie vielleicht auch nicht wussten, ob sie jetzt zu einem Thema hingehen… Die Erwartungen, wie das Ganze funktioniert, waren einfach sehr unterschiedlich und gerade, dass man gehen kann, wenn man nichts mehr beizutragen hat, war etwas, dass früher ganz gefehlt hat. Die Leute sind da geblieben und es war eher wie ein Workshop, der nicht vorbereitet war. Man ist also hingegangen, irgendwer hat ein Gesprächsthema vorgeschlagen und das war dann „der Chef“ für diese Session. Gerade auch dieses Startritual, haben wir gar nicht durchgeführt oder auf eine ganz andere Art. Kannst du beschreiben, wie wir loslegen morgens, also was passiert, wenn der Tag beginnt.

Joy Clark: Ich glaube, die Anmoderation, über die wir noch später reden werden, ist nicht das Allerwichtigste, sondern die Vorbereitung. Um den Tag aber zu beginnen, ist meiner Meinung nach die Anmoderation am Morgen sehr wichtig, weil sie den ganzen Tag eröffnet. Wir machen da einen „Marktplatz“, meistens einen Stuhlkreis im Dreiviertelkreis, und in der Mitte gibt es ganz viele farbige Post-Its.

Jörg Müller: Joy kann das immer wunderbar, da will man eigentlich gar nichts mehr aufschreiben, weil das so schön aussieht.

Joy Clark: Es gibt zu den Post-Its auch noch Stifte in der Mitte. Dann macht man die Anmoderation und versucht damit, die Leute in die Stimmung des Open Space reinzubringen. Man kann es etwas kürzen, wenn alle Open Spaces schon kennen, aber sonst kann man etwas über die Geschichte und den Hintergrund von Open Spaces erzählen, sowie über die Prinzipien und Gesetzte und wie wir das Ganze machen wollen. Was man sehr gut machen kann – das muss man sich im Podcast jetzt gut vorstellen – hinten stehen meistens Pinnwände, wo man die Session aufhängen kann. Das ist also unsere Agenda, und wenn man am Morgen da steht und alles leer ist, fragt man sich, was man denn heute überhaupt macht. Und der Gedanke ist: Stell dir vor, innerhalb von ein paar Minuten werden wir all diese Pinnwände mit unseren Ideen und Interessen füllen. Dann kann man sich fragen, was man dazu beitragen kann und alle Teilnehmer fangen an sich Gedanken zu machen. Nach der Anmoderation lädt man also die Teilnehmer ein, sich Stifte und Post-Its zu holen, und falls sich jemand für etwas interessiert, etwas fragen oder erzählen möchte, kommt derjenige nach vorne und wir erstellen die Agenda zusammen. So wird der Tag eröffnet.

Lucas Dohmen: Daran fand ich sehr interessant und habe es auch einmal genutzt; Ich habe einfach eine Frage gestellt: „Was ist Apache Kafka und warum soll ich das benutzen?“ Ich wollte also quasi eine Session haben, in der mir das jemand erklärt und das hat wunderbar funktioniert. Es sind dann ein paar Leute in die Session gekommen, die das schon in Produktion benutzt haben oder damit rumgespielt haben. Sie haben mir dann erzählt, warum sie das cool finden, und ich konnte mich dann da einordnen. Es war zwar ein Open Space, von dem ich selbst Initiator war, aber ich hatte gar keine Ahnung, und fand es ein sehr schönes Format, um dieses breites Wissen in der INNOQ da reinzubringen, denn alle haben mit verschiedenen Sachen Erfahrungen gemacht. Es gibt also garantiert jemanden, der sich damit beschäftigt hat und so kann man das ganz cool „anzapfen“. Das finde ich einen schönen Aspekt.

Jörg Müller: Ja, genau. Man muss am Anfang wirklich in die Stimmung reinkommen und dann funktioniert das auch. Interessanterweise haben wir das ganz zu Beginn nicht geschafft und haben einen externen Moderator geholt, der das für uns gemacht hat. Dadurch hat es deutlich erfolgreicher funktioniert. Daraufhin haben Joy und ich uns zusammengesetzt und andere Kollegen dazu geholt und versucht zu lernen, wie das wirklich geht. Es waren interessante Erkenntnisse dabei und jetzt gelingt es uns um einiges besser, zumindest sagt es das Feedback.

Lucas Dohmen: Einer der Schlüssel ist auch die Vorbereitung. Was passiert bevor der Marktplatz eröffnet wird?

Joy Clark: Fast alles!

Jörg Müller: Das ist die Kernerkenntnis, die wir an der Stelle hatten: Vorbereitung ist beim Open Space alles! Während des Open Space hat man als Moderator gar nicht mehr viel zu tun. Wir hatten am Anfang immer Angst, dass wir uns selbst dann gar nicht an den Diskussionen beteiligen könnten, aber das können wir ganz entspannt tun. Die Vorbereitung ist es, worauf es ankommt und das fängt schon damit an, sich die richtige Location auszusuchen. Es geht dabei um Räume und Raumkonzepte, die man beim Open Space braucht. Es fängt mit einem großen, zentralen Raum für den Marktplatz an, wo alle Leute reinpassen, wo man normalerweise einen Dreiviertelstuhlkreis hat, an einer Front sind die Pinnwände, wo die Agenda zusammengestellt wird. Die Teilnehmer sitzen da rings rum und es gibt kleine Durchbrüche von Gängen, wo sich die Teilnehmer anstellen können um später ihren Vorschlag zu erzählen. Dann gibt es noch ganz viele Gruppenräume, wo die Diskussionen stattfinden können. Das kann in diesem großen Raum stattfinden, dazu muss man ihn dann umräumen oder es kann sich dabei um einzelne Räume handeln, die man z.B. im Hotel oder in der Firma vorsieht.

Eine interessante Erfahrung bei uns ist, dass wir nicht nur Diskussionsräume haben, sondern richtige Hacking-Spaces, d.h. Räume mit Tischen, an die man sich mit dem Rechner hinsetzen kann oder auch Räume, wo man einen ganz klassischen Vortrag halten kann. Und das funktioniert ganz gut an der Stelle. Von den Gruppenräumen braucht man relativ viele. Wir gehen ungefähr von zehn Personen pro Gruppenraum aus und das muss man im Hotel im Zweifel auch buchen, wenn man mit der gesamten Firma dort ist.

Es gibt noch zwei Sachen, die nicht immer ganz funktionieren, die aber da sein sollten: Der sogenannte „News Room“ ist ein Bereich, wo man Ergebnisse aus einem Workshop am besten auf Flipcharts aufhängen kann und das möglichst an einem Platz, wo die Teilnehmer häufig vorbeikommen z.b in der Nähe des Marktplatzes. So könne Teilnehmer sehen, was die anderen machen uns sich davon inspirieren lassen. Klingt esoterisch, funktioniert aber tatsächlich. Last but not least, sollte auch für einen Bereich gesorgt werden, wo man sich einfach nur hinlümmeln kann. Sehr oft passiert bei einem Open Space, dass sich in diesem Bereich auf einmal ein Thema entwickelt, was gar nicht so an der Pinnwand steht und das ist auch erwünscht. Das alles muss man erst einmal richtig vorplanen und sich vorstellen, wie sich die Teilnehmer dort bewegen können sollen. Dann wird’s auch etwas.

Joy Clark: Der Punkt der Bewegung ist sehr wichtig, denn man möchte, dass die Teilnehmer das Gesetz der Mobilität ausnutzen, und dass sie sich nicht in einer Gruppe gefangen fühlen. Da muss man versuchen, wenn man z.B in einem Hotel ist, sich die Raumpläne und wie die Teilnehmer von einem Raum zum anderen gehen sollen, vorzustellen. Wir waren teilweise in Hotels, die wir vorher nicht ansehen konnten und haben am Tag davor angefragt, ob wir den Raum wechseln könnten. Es macht auf jeden Fall einen großen Unterschied, wenn man die Gelegenheit hat sich die Räume anzuschauen, dann sollte man das auch machen. Es ist wichtig, wie die Räume gelegen und gestaltet sind.

Lucas Dohmen: Was gibt es noch zu beachten?

Jörg Müller: Eine interessante Sache zum Thema Anmoderation haben wir auch noch gelernt. Joy sagte bereits, dass man die Teilnehmer in die richtige Stimmung bringen muss. Wenn man das allerdings sehr oft macht, und wir haben das jetzt schon ein paar mal gemacht, dann wirkt es auch etwas langweilig, wenn man immer die gleichen Sätze wiederholt. Wir fragen zu Beginn jetzt, wer noch keinen Open Space mitgemacht hat und nehmen denjenigen während des Marktplatzes beiseite und erklären die Prinzipien noch einmal. Und dann müssen es alle anderen nicht zum wiederholten Male hören. Eine weitere Sache ist, dass unsere Events mehrere Tage gehen und man macht normalerweise jeden Tag am Morgen einen Marktplatz, damit es auch am nächsten Tag noch einmal die Gelegenheit gibt Themen einzubringen, die man am Vortag entdeckt hat und die man gerne diskutieren möchte. Am Abend gibt es natürlich eine Art Abschlussveranstaltung auch „Evening News“ genannt, wo man die Gelegenheit schafft, sich untereinander darüber auszutauschen, was man gelernt und gesehen hat. Da kann man ganz verschiedene Sachen machen, aber möglichst nicht nur ein Mikrophon rumreichen und jeden mal etwas darüber sagen lassen, was er am Tag so erlebt hat.

Lucas Dohmen: Gerade am ersten Abend haben wir auch ein gemeinsames Abendessen und da gehen die Diskussionen des Tages einfach weiter. Das gehört irgendwie auch dazu.

Joy Clark: Wie haben dieses Jahr in der Schweiz auch eine interessante Erfahrung gemacht. Wir haben noch gar nicht erwähnt, dass man auch ein Thema einbringen kann, was alle, neben den individuellen Sessions, diskutieren sollen. In der Schweiz haben wir damit versucht strategische Ziele zusammen zu diskutieren. Wir haben alle ermutigt die Gesprächsergebnisse zu dokumentieren und während der Evening News die Flipcharts der verschiedenen Sessions ausgestellt. Die Teilnehmer der jeweiligen Session haben dann etwas zu ihren Ergebnissen erzählt, weil man nicht an jeder Session teilnehmen kann. Das hat sehr gut funktioniert, die Teilnehmer sind auch sehr lange geblieben.

Jörg Müller: Ich hatte es auch einmal scherzhaft „Vernissage“ genannt. Man geht herum und schaut es sich an wie bei einer Vernissage, was dazu geführt hat, dass jemand anderes auch noch Sekt besorgt hat und wir dann eine richtige Vernissage hatten.

Ebenfalls wichtig, aber etwas untypisch ist, dass wir eine Wiki-Seite haben, wo man Themen sammeln kann, und die wir vorher ankündigen. Sie ist nicht verbindlich und man muss die Themen nicht dort einbringen, aber es gibt damit schon mal eine Möglichkeit, Ideen zu entwickeln, die man beim Event diskutieren möchte, und zu sehen wer noch alles Interesse daran hat. Bei Open Space, und wie bei vielen anderen Sachen auch, muss man sich nicht sklavisch an Regeln halten, wenn man merkt, was bei einem stattdessen besser funktioniert.

Lucas Dohmen: Es gibt auch verschiedene Menschentypen. Manche wollen ganz spontan erzählen und andere wollen lieber vorher überlegt haben, was sie einbringen. So kann man auf beide Rücksicht nehmen. Das finde ich auch ganz gut.

Jörg Müller: Genau.

Lucas Dohmen: Was ist denn das Format eines Open Space? Ist es immer eine Diskussionsrunde oder gibt es da auch andere Formate?

Joy Clark: Man kann so ziemlich alles machen, was man möchte. Bei uns versuchen wir immer ein paar Räume mit Beamer zu haben, denn einige Teilnehmer wollen einen Vortrag halten, oder dass Kollegen einen Vortrag halten, denn es gibt viele Kollegen, die schon interessante Vorträge auf Konferenzen gehalten haben und den Vortrag dann noch einmal wiederholen. Theoretisch gehen auch Workshops, wobei sich jemand bereit erklären müsste, diese dann vorzubereiten.

Jörg Müller: Längere Sessions sind immer etwas problematisch, da es mit dem Wechsel zwischen den Räumen dann nicht so gut klappt. Das ist auch der Nachteil eines Open Space.

Joy Clark: Wir hatten auch schon einmal eine spontane HoloLens Session. Ein Kollege hatte eine HoloLens mitgenommen und zwischendurch ging dann jemand, der die HoloLens auf hatte durch den Raum.

Jörg Müller: Das sieht dann immer lustig aus von außen.

Joy Clark: Es gibt auch einige Teilnehmer, die sich einen Kaffee im Place-to-Rest gönnen. Manchmal möchte man einfach mit jemandem quatschen, weil man das an der Stelle braucht und sich die Zeit dafür nimmt.

Jörg Müller: Zur Location fällt mir noch ein, dass es schön ist, wenn man einen gewissen Außenbereich hat, wo sich die Teilnehmer bei schönem Wetter draußen hinsetzen können. Das schafft noch einmal eine ganz andere, entspannte Atmosphäre. Man macht etwas, tauscht sich aus und fühlt sich dabei wie im Urlaub - und das ist genau das, was im Geiste vom Open Space ist.

Lucas Dohmen: Ich glaube, ein Teil der Motivation für die Events von INNOQ ist auch, dass sich die Leute besser kennen lernen, die über Deutschland und Schweiz verteilt sind. Manchmal ist es dann auch einfach gut, sich über irgendetwas zu unterhalten, was gar nichts mit der Arbeit zu tun hat, um die andere Person kennen zu lernen. Ich glaube, das ist auch ein wichtiger Aspekt dieser Events und es ist Teil des Abendessens aber auch Teil der Kaffeepause.

Joy Clark: Ich finde daran toll, dass man die Gelegenheit hat, das Programm für sich zu gestalten. Meistens beschäftigt man sich mit ein paar Themen, aber hat nicht die Zeit und Energie alles aufzunehmen, und manchmal möchte man eine Anfänger-Session machen, aber die fortgeschrittenen Teilnehmer brauchen das nicht. Oder umgekehrt, man möchte eine fortgeschrittene Session und beides geht, weil alles frei und keine Pflichtveranstaltung ist, wo man drin sitzen bleiben muss.

Jörg Müller: Genau und man kann sich trotzdem sehr gut austauschen.

Lucas Dohmen: Neben den ganzen INNOQ Events, habe ich gehört, machst du, Joy, auch noch einen anderen Event, der auch etwas mit Open Spaces zu tun hat?

Joy Clark: Ja. Jörg, ein paar andere Kollegen und ich haben sehr gute Erfahrungen mit Open Spaces gemacht und ich habe mich gefragt, ob es mit anderen, die nicht von der Firma sind auch funktionieren würde. Ich habe dann mit Freunden aus der Community in Düsseldorf gesprochen und angefragt, ob sie mal mit mir eine Open Space Unconference organisieren wollen und sie haben zugesagt, zusammen mit der Rheinjug in Düsseldorf. Die Unconference heisst „EntwickelBar“.

Jörg Müller: Super Name!

Joy Clark: Ein toller Name, ich weiß! Und es ist auch eine tolle Unconference. Falls jemand in NRW ist und zu einer Unconference/Open Space kommen möchte, kann vorbei schauen. Die nächste Conference ist im Mai. Am meisten hat mich überrascht, wie gut es funktioniert! Man bereitet die Anmoderation vor und steht am Marktplatz vor einer Gruppe von Menschen, die man nicht kennt und fragt sich, wie das funktionieren soll, aber sobald der Raum geöffnet ist, fangen die Teilnehmer einfach an, das ganze Gelände zu befüllen. Wir hatten ungefähr dreißig Menschen da, aber alle Slots, die ganze Agenda war sehr schnell mit vielen Themen voll.

Lucas Dohmen: Und auch sehr unterschiedliche Themen.

Joy Clark: Sehr unterschiedlich, sehr interessant. Ich finde das Format einfach super!

Jörg Müller: Es ist immer wieder faszinierend: Man steht als Moderator davor und hat Angst, ob überhaupt irgendwer etwas einbringt und zum Schluss hat man immer viel zu viele Themen und muss sie sortieren oder neue Räume einführen.

Joy Clark: Ich sage den Teilnehmern immer, dass sie den Tag genießen sollen, denn dieser Tag ist einzigartig. Die ganze Agenda wird es so nie wieder geben, und selbst wenn man das Thema in sechs Monaten bespricht, ändert sich die eigene Meinung dazu. Also die Konstellationen, die in einem Open Space stattfinden können, sind wirklich einzigartig für den Tag und man sollte es genießen und mitnehmen.

Lucas Dohmen: Das ist doch ein gutes Schlusswort. Wenn man das jetzt ausprobieren möchte, kann man zu der EntwickleBar gehen, aber es gibt auch andere Barcamps in Deutschland oder es im Unternehmen einfach mal ausprobieren.

Jörg Müller: Die Botschaft würde ich gern rüberbringen: Wenn man es ausprobiert, dann muss man wirklich über die Vorbereitung nachdenken, sonst läuft man Gefahr, etwas zu machen und es funktioniert nicht. Das Wichtigste aus meiner Sicht ist es, sich davor schon Gedanken zu machen.

Lucas Dohmen: Vielen Dank an euch! Und den Hörern: Bis zum nächsten Mal.