Unser alljährlicher vorweihnachtlicher Strategie-Event in der Schweiz liegt jetzt gut drei Wochen hinter uns und war für mich rückblickend gleich in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Zum einen haben wir die drei Tage zwar auf knapp über 1000 Meter Höhe, aber bei eher frühlingshaften 12 Grad und praktisch komplett ohne Schnee verbracht – das hat es, zumindest soweit ich mich zurückerinnern kann, bisher noch nicht gegeben. Außerdem haben wir eine gemeinsame Unternehmenstrategie für das kommende Jahr erarbeitet, die gleichermaßen für innoQ Deutschland und unsere Schweizer Schwestergesellschaft Gültigkeit hat, bei aller Unterschiedlichkeit der lokalen Märkte im Detail. Auch das ist ein Novum. Aber noch etwas war — zumindest für mich – anders als sonst: Ich kannte nicht mehr alle Namen. Ein deutliches Zeichen dafür, dass entweder mein Gedächtnis langsam nachlässt (was ich nicht hoffe), oder dass unser stetiges Wachstum beginnt, sich bemerkbar zu machen.

Die Frage, wie wir mit dem Wachstum umgehen können und sollten, ohne die Grundpfeiler unserer Unternehmenskultur zu verändern, beschäftigt uns schon recht lange. Wir sind überzeugt von unserer extrem flachen Struktur fast ohne Hierarchien und glauben, dass diese wesentlich zu unserem Erfolg beiträgt — als leistungsfähiger und flexibler Partner unserer Kunden ebenso wie als attraktiver Arbeitgeber. Aber kann etwas, das mit 70 Mitarbeitern gut funktioniert, auch irgendwann noch mit 100 oder mehr funktionieren?

Ich habe in meiner beruflichen Laufbahn schon in so einigen Unternehmen verschiedener Größe gearbeitet, vom Start-up mit anfangs fünf Personen bis hin zum Großkonzern. Selbst in den kleinsten und unreifsten Organisationen ist mir dabei ein immer wiederkehrendes Muster unangenehm aufgefallen, das ich mir nur mit einem lehrbuchhaften „das macht man eben so“ erklären kann: Hierarchien und Strukturen zu schaffen ohne Not, quasi als Vorbereitung auf das antizipierte Wachstum und offenbar aus der Angst heraus, es entstünde ansonsten Chaos, wenn die Dinge nicht rechtzeitig „anständig“ geregelt werden.

Ich bin sehr froh darüber, dass innoQ hier von Anfang an konsequent einen anderen Weg gegangen ist: nämlich Probleme erst dann zu lösen, wenn (und falls) sie auch tatsächlich aufzutreten drohen. Statt auf Hierarchien und Linienstrukturen setzen wir weitestgehend auf Selbstorganisation und Eigenverantwortung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Dezentralisierung von Entscheidungen. Oder, anders gesagt: Jeder kann in Fragen, die seine Rolle und Aufgabe betreffen, weitestgehend eigenständig seine Entscheidungen treffen. Das beginnt mit so einfachen Dingen wie Urlaubsanträgen (gibt es nicht) und hört mit Bücher- oder Hardwarebeschaffungen (macht jeder bei Bedarf einfach selbst) noch lange nicht auf.

Der berühmte österreichisch-amerikanische Ökonom Peter Drucker hat einmal geschrieben: „Most of what we call management consists of making it difficult for people to get their work done.“ Im Gegensatz dazu bedeutet Management bei innoQ primär, zur Stelle zu sein, wenn Konflikte aufzulösen oder Entscheidungen zu treffen sind, die das Gesamtunternehmen betreffen und ansonsten den Kolleginnen und Kollegen, die einfach exzellente Arbeit in ihren Projekten machen möchten, aus dem Weg zu gehen und „von den Füßen zu bleiben“. Ein positiver Nebeneffekt davon ist, dass das vollständige Fehlen von Aufstiegsmöglichkeiten in der Linie „Job-Hopper“ und Glücksritter fern hält und uns vor allem attraktiv macht für Mitarbeiter, die sich in erster Linie fachlich-inhaltlich weiterentwickeln möchten.

Und genau das alles ist letztendlich auch unsere Antwort auf unser Wachstum: Wir werden in 2016 noch stärker als bisher auf Eigenverantwortung setzen, unsere Prozesse im Backoffice optimieren und die Effizienz durch mehr Self-Service steigern. Die einzige organisatorische Änderung besteht darin, dass wir die Geschäftsleitung von innoQ Deutschland mit Wirkung vom 1. Januar 2016 von bisher zwei auf künftig drei Mitglieder verstärkt haben. In diesem Sinne freue ich mich sehr darauf, von diesem Jahr an mit meinen Kollegen Phillip Ghadir und Stefan Tilkov als drittes Mitglied der Geschäftsleitung in Deutschland gemeinsam die Erfolgsgeschichte von innoQ fortzuschreiben und aktiv mit daran zu arbeiten, dass wir auch weiter wachsen können, ohne unsere Werte aufzugeben.