Transkript

Women in Tech: Ute

A journey into code

Mit Mitte 30 macht Ute das, was sie schon immer machen wollte: Sie studiert Informatik. Eine gute Entscheidung, denn heute geht sie als Senior Consultant bei INNOQ ihrer Leidenschaft fürs Frontend nach. Im Podcast erzählt sie von ihrem ungewöhnlichen Werdegang und warum sie ohne die „Rails Girls Berlin“-Community nicht da wäre, wo sie heute ist.

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Stefanie: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe des INNOQ Podcast. Heute mal wieder mit mir, Ihr kennt das vielleicht schon, immer wenn ich dran bin, stelle ich euch eine weitere tolle Kollegin von INNOQ vor. Das ist nämlich hier unsere Women in Tech Serie. Women in Tech @INNOQ. Heute habe ich die Ute da.

Ute: Hallo.

Stefanie: Schön, dass du da bist, Ute. Wir haben heute einiges vor, weil du hast schon echt spannende Sachen im Leben erlebt und ganz viele verschiedene Dinge gemacht. Darüber wollen wir mal sprechen. Ich kann schon mal vorwegnehmen, dein Lebenslauf ist alles andere als gradlinig. Softwareentwicklung war nicht dein erster Job und du warst eine Zeit lang recht umtriebig in der Community Arbeit, Stichwort Rails Girls Berlin. Darüber wollen wir uns heute ein bisschen unterhalten, da freue ich mich schon total drauf. Aber stell dich doch erst mal vor. Was machst du so? Wer bist du? Und seit wann bist du bei INNOQ?

Ute: Hallo. Danke, dass ich da sein darf. Ich bin Ute. Ich bin Senior Consultant bei INNOQ, mittlerweile schon seit 2015. Ich habe nicht als Senior Consultant bei INNOQ angefangen, aber bin es mittlerweile geworden und bin immer noch gerne bei INNOQ. Und meine Schwerpunkte sind Frontend Arbeit, Frontend Architektur. Und wenn sich die Möglichkeit ergibt, mache ich auch ganz gerne mal Rails Full Stack Projekte.

Stefanie: Ich habe schon so ein bisschen gespoilert. Dein Lebenslauf ist alles andere als gradlinig. Und das ist eigentlich das Kuriose, weil direkt nach dem Abi hattest du eigentlich schon vor, Informatik zu studieren.

Ute: Ja, tatsächlich war das so. Wir waren drei Freundinnen und wir hatten damals tatsächlich vor, in Bonn gemeinsam Informatik zu studieren. Aber ich war damals ein bisschen jünger und ein bisschen naiver, als ich das heute bin. Und dann hieß es: Informatik, das ist so viel Mathematik, das ist super schwer, das schaffst du nicht. Wohlgemerkt war ich eigentlich immer ziemlich gut in Mathe und auch in Naturwissenschaften. Ich weiß immer noch nicht, wo dieses Urteil herkam, aber ich habe mich ein bisschen belabern lassen und habe mich dann gegen Informatik entschieden und habe dann einen langen Umweg genommen, bis ich dann wieder da gelandet bin.

Stefanie: Wer hat dir denn das so suggeriert, dass Mathe deine Schwäche ist oder dass es an Mathe scheitern könnte?

Ute: Ja, also es war so ein bisschen auch das familiäre Umfeld. Vielleicht war das auch etwas, was dann aus den schlechten Erlebnissen dieser Personen irgendwie herkam. Dass sie selbst ein bisschen an Mathe gescheitert sind und vielleicht auch lieber Physik studiert hätten und sich das dann doch nicht zugetraut haben und das dann ein bisschen auch auf mich projiziert haben. So genau weiß ich es tatsächlich nicht, weil ich war auf einer Mädchenschule und wir hatten in unserer Stufe sehr viele naturwissenschaftliche LKs und da kam das nicht her. Aus diesem Umfeld wurde eigentlich die Naturwissenschaft und auch technische Studiengänge eher gefördert, aber es war tatsächlich das familiäre Umfeld.

Stefanie: Und woher kam dein oder euer Interesse? Ihr wart eine ganze Mädchengang, die Informatik studieren wollte.

Ute: Ich hatte schon relativ früh mit Computern zu tun. Meine erste Erinnerung, da war ich glaube ich so drei, da hatte mein Vater einen von diesen allerersten, ich weiß nicht, ob man das überhaupt PC nennen kann, es waren noch die Dinger, die so einen Kassettenrekorder hatten, wo dann kreischende Kassetten liefen. Und das war im Prinzip nur so eine Tastatur, die man an den Fernseher anschließen konnte. Das war mein erster Kontakt mit Computern damals und später hatte mein Vater einen der ersten Macintosh Rechner in seinem Labor an der Uni stehen und den durfte ich dann immer so bedienen. Es gab damals so ein Spiel, wo man quasi die Bedienung des PCs lernen konnte. Ich glaube, das war eigentlich auch für Erwachsene. Das war auf Englisch. Ich habe gar nicht so viel verstanden, was man da machen musste. Aber es gab dann damals auf der Macintosh Tastatur noch die Apfel Tasten, die gibt es heute nicht mehr. Und da gab es einen gefüllten Apfel und einen leeren Apfel und dann sind die über den Bildschirm gewandert und die musste man dann mal einsortieren, indem man die Tasten drückte und solche Sachen. Und das fand ich irgendwie super spannend. Und später habe ich dann über Freunde von mir vom Neusser Computer Club gehört. Das war so ein Raum hinter so einer Garage, wo ein paar Rechner drin standen und man miteinander gechattet hat. Das Internet war nicht so, wie das heute so ist. Damals nannte man das noch Datenfernübertragung.

Stefanie: Es steckte noch in den Kinderschuhen.

Ute: Genau, es steckte noch in den Kinderschuhen und das war aber trotzdem eine super spannende Zeit. Man hat sich mit dem Modem eingewählt in so eine Mailbox und dann konnte man dann miteinander chatten. Da kam das so ein bisschen her. Ich war damals eher noch so die Anwenderin. Ich habe mich nicht so sehr als Programmiererin oder so gesehen, aber dasInteresse für diese Technologie und dieses mit der Welt vernetzt sein, das fand ich schon damals irgendwie ziemlich aufregend. Und ja, es ist schon ziemlich lange her, ich weiß gar nicht mehr so genau, aber ich glaube, wir hatten mal so einen Berufsorientierungstag, wie man das so kennt, und dann beschäftigt man sich mit Studiengängen. Und dann kam so dieses Ding mit der Informatik auf. Und dann habe ich gedacht, das wäre eigentlich schon eine ganz coole Sache, was mit diesen Computern zu machen. Wenn dann Mathe nicht gewesen wäre, wäre es vielleicht schon früher gewesen. Dann wäre ich vielleicht noch in diese Dotcom-Blase mit reingerutscht damals.

Stefanie: Und wieder rausgerutscht.

Ute: Genau, und wieder rausgerutscht. Aber ja, genau so war das.

Stefanie: Und deine Freundinnen, die eigentlich mit dir zusammen studieren wollten? Haben die das dann letztendlich studiert oder haben die auch einen anderen Weg eingeschlagen?

Ute: Genau. Ich weiß, dass die beiden auf jeden Fall angefangen haben, Informatik zu studieren und zu einer habe ich keinen Kontakt mehr und die andere hat dann tatsächlich nach ein paar Semestern aufgehört und hat gesagt, das ist dann doch nicht so ihr Ding und war ihr dann doch zu schwer. Aber man muss auch sagen, dass Bonn jetzt auch was das Informatikstudium angeht, nicht unbedingt die leichteste Universität ist. Das ist schon…

Stefanie: …vermutlich nicht so anwendungsorientiert.

Ute: Nein, das ist sehr theoretisch.

Stefanie: Und für was für einen Berufsweg hast du dich denn stattdessen entschieden?

Ute: Nach dem Abi habe ich tatsächlich erst mal ein Semester lang was ganz anderes gemacht. Mein Vater hat gesagt, ich darf nach dem Abitur ein Jahr lang machen, was ich möchte. Und ich habe damals, weil meine Cousine das studiert hat, Keltologie, Skandinavistik und Vor- und Frühgeschichte studiert.

Stefanie: Okay.

Ute: Weil ich damals eingebildet habe, dass das mit den Naturwissenschaften…, ich konnte die sehr gut und war dann irgendwie so ein bisschen anti und dachte: Ich muss jetzt mal was ganz anderes machen und habe dann aber sehr schnell festgestellt, dass das mit den Geisteswissenschaften und mir überhaupt nicht funktioniert. Und gerade bei Keltologie muss man gefühlt so ungefähr 40 tote Sprachen lernen. Und dann habe ich gedacht: Okay, das ist nicht so das Gelbe vom Ei, war dann auch so ein bisschen orientierungslos. Und dann hat mein Vater, der selbst auch Chemiker an der Uni ist, auch immer noch, obwohl er in Rente ist, gesagt: Ja, dann studier doch erst mal Chemie. Du hattest ja auch Chemie LK. Und dann kannst du immer noch im Hauptstudium schauen, ob du dich dann noch mal umorientieren willst. Und das habe ich dann tatsächlich auch gemacht, habe das quasi bis zum Hauptstudium studiert und habe dann auch festgestellt: So richtig cool ist das auch nicht. Ich habe mich nicht im Labor gesehen und habe mich dann tatsächlich für die Pharmazie entschieden, weil das auch so ein bisschen mein Interessengebiet lag und habe den Weg dann ein paar Jahre weiterverfolgt, habe dann auch in der Apotheke gearbeitet und dann erst mal pharmazeutische Dinge getan.

Stefanie: Genau. Aber Apotheke war letztendlich auch nicht so erfüllend für dich?

Ute: Nein, also eigentlich schon. Rein fachlich gesehen fand ich das schon super. Aber die Realität hat mich dann tatsächlich eingeholt, als ich dann angefangen habe, in der Apotheke zu arbeiten, weil ich dann festgestellt habe: Es geht nicht darum, Leuten zu helfen und ihnen das bestmögliche Medikament zu geben, sondern es geht um kaufmännische Dinge. Leuten möglichst viel verkaufen, möglichst viel von den Präparaten, die man billig einkaufen kann. Und als Apothekerin sitzt man eigentlich dann auch hauptsächlich an irgendwelchen Abrechnungen, Rezepte kontrollieren, Einkäufe machen und das hat mich so frustriert, weil ich dachte, man studiert jetzt irgendwie so lange und man muss auch so viele Fortbildungen machen. Und letztendlich ist man dann nur so eine bessere Kauffrau, sage ich mal, und verkauft Dinge. Das hat mir nicht so gut gefallen. Auch die Berufsperspektiven, die man als Apothekerin hat, sind schon recht begrenzt. Man kann entweder in der Apotheke arbeiten oder man kann bei Behörden arbeiten oder man geht dann in die Industrie. Solche Dinge kann man machen, aber das war alles irgendwie nicht so das Richtige. Deswegen habe ich mich dann selbstständig gemacht und dann kommen wir wahrscheinlich schon zum nächsten Meilenstein.

Stefanie: Wie lange hast du dann in der Apotheke gearbeitet?

Ute: Fünf Jahre

Stefanie: Es ist jetzt nicht so, dass du nach einem Jahr dann gesagt hast: Ich mache was anderes. Sondern du hast das schon eine Zeit lang tatsächlich ausprobiert.

Ute: Genau. Es gab da schon Höhen und Tiefen. Es gab Zeiten, wo ich das sehr gerne gemacht habe. Und dann gab es Zeiten, wo ich gedacht habe: Das ist vielleicht doch nicht so das Richtige. Mit zunehmendem Alter fragt man sich auch: Wo will ich denn eigentlich mit meinem Leben hin? Wo sehe ich meine Perspektiven? Und dann hat sich das schon herauskristallisiert, dass Apotheke jetzt nicht die Endstation für mich ist.

Stefanie: Genau. Aber du warst noch nicht so weit, jetzt zu sagen: Okay, ich mache was ganz anderes, sondern du hast dich dann schon selbstständig gemacht in einem Bereich, der was mit Chemie zu tun hat.

Ute: Genau. Ich habe mich damals dafür entschieden, weil ich über Freunde Kontakte in die Galvanotechnik hatte. Das ist das Überziehen von Oberflächen mit Metallen mittels Elektrochemie. Die haben tatsächlich jemanden gesucht, der Laborantentätigkeiten machen kann und ich habe damals im Bergischen Land gewohnt.Dort gibt es sehr viele Betriebe, die Galvanotechnik machen. Und diese Betriebe laufen 24 Stunden, sieben Tage die Woche. Und diese Bäder, in denen diese Galvano Geschichten passieren, müssen immer laufen und müssen bestimmte Konzentrationen von den Stoffen da drin haben. Und das muss nachgemessen werden. Und die meisten Betriebe sind so klein, dass es sich nicht lohnt, einen Laboranten oder eine Laborantin in Vollzeit anzustellen. Und dann bin ich auf die Idee gekommen, das freiberuflich zu machen. Das heißt, man konnte mich dann anrufen und sagen:Ich brauche hier eine Analyse. Dann bin ich da hingefahren und habe das gemacht.

Stefanie: Was es nicht alles gibt. Galvanotechnik habe ich schon mal gehört. Aber dass man sich in dem Bereich selbstständig machen kann, noch nicht.

Ute: Ja, es war tatsächlich ein Zufall. Ein Freund von mir meinte: Ich brauche da jemanden. Kannst du das nicht machen? Da habe ich gedacht: Ja, warum nicht? Gelernt habe ich das ja. Und das hat eigentlich ziemlich gut funktioniert und das hätte ich auf jeden Fall auch weitergemacht, wenn ich da nicht krank geworden wäre.

Stefanie: Du hast eine Allergie entwickelt.

Ute: Genau.

Stefanie: Eine Schwermetall-Allergie.

Ute: Genau. Vielleicht noch als kleiner Disclaimer. Galvanotechnik ist so die dreckigste Chemie, die man sich vorstellen kann. Es hat viel mit Schwermetallen zu tun, sehr viel mit Giftstoffen, denen man dann auch ausgesetzt ist, weil man muss sich vorstellen: Das ist nicht in Reagenzgläsern, sondern das sind tausende von Litern, die in so einem Bad drin sind. Und natürlich ist da auch die Luft mit Schadstoffen teilweise angereichert. Und ich habe dann eine Schwermetall Allergie entwickelt und dann hat meine Ärztin gesagt, sie würde mir anraten über einen Berufswechsel nachzudenken. Gerade als ich da drin angekommen war und gedacht habe: Ja, das ist es jetzt, muss ich mir dann was anderes überlegen.

Stefanie: Genau, es hatte dir Spaß gemacht, das war das eine. Das andere war, dass man auch gut davon leben konnte. Da war das vermutlich erst mal so ein Schock das zu hören: Okay, ich muss mich jetzt schon wieder umorientieren. Und zwar komplett vermutlich?

Ute: Ja, schon. Ich bin schon in ein ziemliches Loch gefallen damals und habe dann gedacht: Okay, was machst du jetzt mit deinem Leben? Und dann habe ich gedacht: Das Schicksal möchte dir vielleicht doch irgendetwas sagen. Und dann habe ich gedacht: Komm, jetzt oder nie! Und habe mich dann dafür entschieden, zurück an die Uni zu gehen und dann Informatik zu studieren.

Stefanie: Und hattest du in den Jahren, wo du als Apothekerin oder als Selbstständige gearbeitet hast, dieses Interesse an Informatik weiter verfolgt in irgendeiner Form?

Ute: Ja, ich bin schon mit dieser Web 2.0 Strömung mitgeschwommen. Ich war relativ früh auf Twitter und habe auch gebloggt und solche Dinge. Tatsächlich nur als Anwenderin, aber das Internet hat mich eigentlich immer begleitet. Das war schon irgendwie immer so ein Ding, wo die Faszination da war. Aber ich habe mich selbst nie bewusst als Macherin gesehen, sondern eher als Konsumentin, aber das Medium Internet war schon für mich irgendwie cool und ich habe auch meinen Blog ein bisschen aufgehübscht und ein bisschen HTML geschrieben und solche Sachen. Aber so richtig programmiert habe ich nicht.

Stefanie: Aber diese Liebe zum Frontend war schon immer da?

Ute: Ja, schon, würde ich schon sagen. Das Visuelle und das Gestalterische hat mir schon immer zugesagt.

Stefanie: Du hast dich dann für ein Studium der Informatik in Bonn entschieden. Wie war das mit dem Mathe? War das für dich so ein Ding: Okay, ich bin jetzt Mitte 30. Jetzt oder nie. Ich probier’s einfach aus oder hattest du da auch irgendwelche Ängste? Was waren deine Gedankengänge?

Ute: Ich habe mir schon gedacht: Das könnte natürlich schon schwer werden und letztendlich war es das in Bonn dann auch. Die Mathematik war tatsächlich nicht besonders cool. Es lag aber auch daran, dass kurz bevor ich angefangen habe zu studieren, der Studiengang von Diplom auf Bachelor umgestellt wurde und da haben sie sich dann solche lustigen Dinge überlegt. Es gab ein Mathe Modul Analysis. Und das war früher in zwei Semestern, ANA1 und ANA2. Und als ich angefangen habe zu studieren, waren diese zwei Semester in einem Semester. Entsprechend horrormäßig hat es alles so funktioniert und war schon schwierig. Und klar, ich hatte schon Ängste, weil ich dachte: Okay, du bist jetzt Mitte 30, mit Bafög ist nichts mehr. Das heißt, ich bin von sehr viel Einkommen auf kaum Einkommen gegangen und musste mich da schon umstellen. Und da habe ich gedacht: Du bist jetzt auch nicht mehr die Jüngste. Viel rumprobieren ist nicht, also es muss schon irgendwie funktionieren. Aber ich hatte auch irgendwie so ein gewisses Vertrauen, dass ich den Weg gehen kann und gehen möchte. Und auch wenn er jetzt irgendwie schon ein bisschen steinig war, hat es funktioniert. Aber es war schon ein Kampf.

Stefanie: Aber man muss sich der Entscheidung, dann noch mal umzuschwenken, auch bewusst sein, weil wie du schon gesagt hast, von viel Einkommen zu gar keinem Einkommen, das ist ein Invest erst mal, dieses Studium zu machen. Aber war eine gute Entscheidung im Nachhinein betrachtet.

Ute: Es war auf jeden Fall die beste Entscheidung meines Lebens und ich bereue es absolut nicht, dass ich das gemacht habe.

Stefanie: Du hast in Bonn dann irgendwann aufgehört zu studieren?

Ute: Genau. Zu der Zeit gab es diese Studiengebühren. Das waren irgendwie 600€ im Semester, was echt viel Geld ist und das konnte ich irgendwann nicht mehr stemmen, weil ich mich aufs Studium konzentrieren wollte, ich auch nicht super viel nebenher arbeiten konnte. Und da habe ich gedacht: So, das geht überhaupt nicht. Und dann ist ein guter Freund von mir nach Berlin gezogen. Er war etwas jünger und hat dann auch Informatik studiert, wollte nach Berlin und dort Informatik studieren. Und dort gab es zu dem Zeitpunkt diese Studiengebühren nicht und hat dann gemeint: Hey, willst du nicht einfach mitkommen und dort dann weiterstudieren? Weil dann hast du die finanziellen Probleme nicht und Berlin ist eine coole Stadt. Ich mochte sie schon vorher sehr gerne. Da habe ich gedacht: Ja, wenn es das einfacher macht, warum nicht? Und vielleicht ist es auch in Berlin nicht so schwierig mit der Informatik wie in Bonn.

Stefanie: Das heißt, du bist dann nach Berlin gezogen, von Bonn nach Berlin. Von der ehemaligen in die neue Hauptstadt.

Ute: Ja, genau. Von Bonn nach Berlin. Und dort habe ich mich dann einfach an allen Universitäten und Fachhochschulen beworben. Ich wurde dort überall genommen. Ich konnte es mir aussuchen und habe mich dann aber tatsächlich für eine Fachhochschule entschieden. Einfach aus dem pragmatischen Grund, wo ich gesagt habe, an der Universität ist es schon sehr theoretisch mit der Informatik. Als ich angefangen habe, Informatik zu studieren. Im ersten Semester, in der ersten Veranstaltung, hat der Professor gesagt: Wenn sie hier sind, um programmieren zu lernen, dann sind sie hier falsch. Weil Informatik hat mit Computern eigentlich gar nichts zu tun.

Stefanie: Das ist schon mal eine Ansage.

Ute: Das ist schon mal eine Ansage. Und sicherlich hat die auch so eine gewisse Berechtigung. Aber wenn man jetzt auch irgendwie langfristig denkt und sagt: Ja, ich möchte Informatik studieren und habe jetzt vielleicht nicht mit drei Jahren angefangen zu programmieren. Irgendwo müssen diese Kenntnisse herkommen und deswegen habe ich die pragmatische Entscheidung getroffen: Okay, du bist jetzt Mitte 30, du wirst wahrscheinlich sowieso nie Professorin werden und in die Forschung gehen. Dann ist es vielleicht besser, an eine Fachhochschule zu wechseln, wo dann die Praxis vielleicht dann doch noch mal ein bisschen mehr Stellenwert hat als eine Universität. Und dann habe ich mich umorientiert von reiner Informatik auf Medien Informatik, weil das auch noch mal ein bisschen breiter gefächert ist und auch visuell was zu tun hat und man auch schon die Schwerpunkte setzen kann. Wenn man es mit der Backend Hardcore Programmierung jetzt nicht geklappt hätte, hätte ich auch 3D Rendering oder Video Design machen können. Das wär alles möglich gewesen mit dem Studium. Und deswegen habe ich mich dann dafür entschieden.

Stefanie: Und an welcher FH hast du studiert in Berlin?

Ute: Ich weiß nicht, wie sie mittlerweile heißt. Sie wechselt ständig ihren Namen. Als ich da studiert habe, hieß sie Beuth Hochschule für Technik. Ich glaube, jetzt heißt sie irgendwie Technische Fachhochschule Berlin oder so. Das war die Beuth Hochschule für Technik. Ich glaube, die Hannah hat da auch studiert, soweit ich weiß.

Stefanie: Ja. Auf jeden Fall kommen mir diese Namen sehr bekannt vor.

Ute: Und dort habe ich dann studiert. Zuerst Präsenzstudium und später habe ich dann auf Online umgestellt. Man konnte an der Uni dort sowohl Online als auch in Präsenz studieren und ich habe später dann noch mal auf Online umgeschwenkt, weil das für mich einfacher war mit Arbeiten. Man muss dann auch nicht so früh aufstehen.

Stefanie: Okay, du konntest dann quasi dein Studium mit dem Job finanzieren nebenbei und das mit dem Studium verbinden.

Ute: Genau, das war dann leichter, man war ein bisschen freier und tatsächlich war das auch so, im Online Studium, das ging nahtlos, das waren auch dieselben Studienordnungen, aber im Online Studium waren doch auch mehr Leutein meinem Alter, die eher so auf dem zweiten Bildungsweg unterwegs waren. Und das war dann insgesamt auch ein bisschen angenehmer für mich, aber es lag vielleicht auch am frühen Aufstehen, ich weiß es nicht.

Stefanie: Lerche oder Eule ist die Frage. Und du hast gesagt, dass du dich bewusst für die FH entschieden hast, weil du dir da mehr Praxisanteile erhofft hast und mehr Programmieranteile. Hat sich das bestätigt für dich?

Ute: Ja, schon. Wir haben schon viele Praxis Sachen gemacht. Ich würde jetzt nicht sagen, dass die alle 100% berufsrelevant waren, aber es war schon viel. Es war auch nicht nur Programmierung. Ich habe auch die Design Grundlagen gelernt, wie man mit Photoshop umgeht und Illustrator. Ich habe sogar ein Fernsehstudio von innen gesehen und da gelernt, wie man Filme dreht und hinterher bearbeitet, Tonbearbeitung und solche Sachen. Das war schon praxisorientierter. Es war schon besser.

Stefanie: Und hat Spaß gemacht, vor allem?

Ute: Ja, nicht alles. Aber so grundsätzlich hat es schon Spaß gemacht.

Stefanie: Wir haben schon ein bisschen von deiner Community Arbeit erzählt und von den Rails Girls Berlin. Erzähl doch mal, wie du da so reingerutscht bist neben deinem Studium.

Ute: Da muss ich mich mal kurz erinnern. Es war 2012 und es war ein bisschen auch die Aufbruchstimmung in in Berlin oder auch in anderen Städten. Und dann habe ich über Twittervon dem Rails Girls Workshop gehört, der in Berlin stattgefunden hat und das war nur für Frauen und man lernt da programmieren. Und da dachte ich: Das ist schon irgendwie ziemlich cool, weil an der Uni war das schon zwar schon praxisorientiert, aber teilweise nicht besonders alltagstauglich. Auch so dieses richtig Lernen, wie es wirklich geht, war auch nicht so gegeben. Deswegen habe ich gedacht: Da musst du unbedingt hin. Und der Workshop war dann aber leider voll. Deswegen habe ich keinen Platz mehr gekriegt. Das war sehr schade. Aber ich habe eine Mail bekommen von ein paar Mädels, die an diesem Workshop teilgenommen haben und gesagt haben: Wir fanden das so cool. Wir wollen selbst auch noch mal so einen Workshop in Berlin anbieten und der war dann ein paar Wochen später. Und da bin ich dann hingegangen mit einer guten Freundin, die mittlerweile auch in der IT unterwegs ist. Damals hat sie noch Archäologie studiert. Und dann sind wir da zusammen hingegangen. Und dort habe ich dann so meine ersten Kontakte mit der Rails Girls Community in Berlin geknüpft und auch die Mädels dort kennengelernt, die diesen Workshop organisiert haben. Und das waren so diese zwei Schritte in diese Welt. Zum einen haben wir uns unterhalten, die Organisatorinnen. Und die haben gesagt, es wäre eigentlich cool, wenn wir so was regelmäßig machen würden und nicht nur einmal im Jahr oder einmal in fünf Jahren oder so, sondern dass es so einen Workshop irgendwie regelmäßig gibt, weil es einfach unglaublich viele Anmeldungen gab. Und dann haben wir gesagt: Ja, komm, lass uns das doch einfach machen. Und dann hat sich eine Gruppe von jungen Frauen zusammengeschlossen und wir haben dann angefangen, diese Workshops zu organisieren. Das war der eine Aspekt. Und der andere Aspekt war, dass ich dort auch die Coaches kennengelernt habe, die beim Workshop geholfen haben. Und dadurch bin ich in die Ruby User Group gekommen. Das ist so ein monatliches Treffen, das auch auf freiwilliger Basis organisiert wird, wo dann Leute hinkommen, wo dann Vorträge stattfinden, wo man sich austauschen kann. Und da habe ich sehr viele Menschen kennengelernt und diese Community, die hat eigentlich dafür gesorgt, dass ich letztendlich dann auch bei INNOQ gelandet bin, weil ich glaube, ohne diesen Rückhalt dort hätte das alles nicht so gut funktioniert.

Stefanie: Apropos Rückhalt. Rails Girls ist eine Gruppe, wo sich Frauen gegenseitig unterstützen, richtig? Von Frauen für Frauen. Hat das auch eine Rolle gespielt?Es gab bestimmt auch Communities, wo alle gemischt zusammengearbeitet haben, oder?

Ute: Ja, so ein bisschen schon. Ich mein klar, am Anfang hatten wir auch sehr viele männliche Coaches, weil es einfach nicht so viele Frauen in unserer Community gab, die Coach sein konnten. Dieser ganze Spirit war einfach irgendwie cool. Man hatte schon irgendwie diesen Safe Space und ich hatte das Gefühl, ich sitze nicht alleine in diesem Boot. Es waren auch viele Frauen dabei, die einfach nur mal schauen wollten und die eigentlich gar keine Ahnung von Computern hatten, aber gedacht haben: Ja, ich komme jetzt hier hin und dann kriege ich mal was beigebracht und ich traue mich auch mal Fragen zu stellen und das war einfach schon eine coole Sache. Es hat mich ein bisschen auch an meine Schulzeit erinnert, weil ich auch auf einer Mädchenschule war und ich hatte schon ein bisschen das Gefühl, dass das ein anderer Geist ist, als wenn das eine gemischte Veranstaltung gewesen wäre. So traurig das eigentlich auch ist, habe ich schon das Gefühl, dass gerade bei diesen technischen Sachen sich viele Frauen einfach nichts zutrauen und das dann aber auch nicht zugeben wollen, weil dann der Freund oder der Partner oder wie auch immer dann immer ankommt: Ach, ich mach das jetzt für dich. Und da auch gar nicht so der Raum da ist, sich das erklären zu lassen oder auch diese Vorurteile: Du bist eine Frau, du musst es auch gar nicht können oder du kannst es auch gar nicht. Und deswegen muss ich dir das jetzt nicht erklären, weil das ist viel zu schwer für dich. Und von daher war das auf jeden Fall genau der Klassiker und auf jeden Fall war das sicherlich eine coole Sache. Ich denke, wenn es jetzt eine gemischte Veranstaltung gewesen wäre, wäre es für mich auch fein gewesen. Es gab dann auch später noch eine weitere Organisation, die sich gegründet hat, die Open Tech School. Die einfach Frauen und Männer und alles dazwischen für die Workshops zugelassen hat. Und das war auch eine coole Community, aber Rails Girls war schon was Besonderes so. Man hat es von Minute 1 bei dem Workshop gemerkt, dass es einfach ein besonderer Geist und besonderer Spirit ist.

Stefanie: Und du hast da nicht nur als Teilnehmerin mitgemacht, du hast auch mit Workshops organisiert für andere. Du bist Gründungsmitglied bei Rails Girls?

Ute: Ja, sozusagen.

Stefanie: Das kann man auch mal erwähnen. Das heißt also, du hast darüber noch mehr Feuer gefangen für die Informatik, für das Programmieren?

Ute: Ja, schon, würde ich auf jeden Fall sagen. Das Organisieren selbst war jetzt eigentlich natürlich sehr viel Arbeit, die da passiert ist, die auch Spaß gemacht hat. Aber ich habe natürlich Leute, Coaches kennengelernt, die als Entwickler:innen gearbeitet haben und den Anschluss gefunden haben. Und dann gab es 2013 den ersten Rails Girls Summer of Code. Das war auch eine Idee von Sven Fuchs, der damals und ich glaube, er ist sogar noch bei Travis, gesagt hat: Hey, lass uns doch so ein Stipendium ins Leben rufen und wir holen uns Geld von Firmen. Und damit ermöglichen wir Frauen, drei Monate lang bezahlt an einem Open Source Projekt zu arbeiten und da das Programmieren zu lernen. Und 2014 habe ich mich dann dort auch beworben mit meiner Freundin Magda. Es sind immer Zweierteams gewesen und wir haben dann 2014 so ein Stipendium bekommen und haben dann drei Monate lang an unserem Projekt gearbeitet. Ataro hieß das. Das ist eine Bibliothek, mit der man quasi Beispiel Codes in Documentation ausführen konnte, um zu schauen, ob die noch funktioniert. Und wir haben dann Coaches gehabt und wir haben dann wirklich in so einem Büro gesessen, in einer IT-Firma und haben dann das Entwickler:innen-Leben kennengelernt. Und das war eigentlich so der Startschuss. Die Coaches, die ich damals kennengelernt habe. Ich habe in der Zeit unglaublich viel gelernt, nicht nur übers Programmieren selbst, sondern auch über Projektarbeit und um das Drumherum und über Architektur und solche Dinge.

Stefanie: Auch dass IT Projekte nicht nur aus Coden bestehen, sondern auch viel Kommunikation.

Ute: Genau, dass da sehr viel außen herum passiert. Und wenn Rails Girls Summer of Code damals nicht gewesen wäre, dann hätte es noch für mich sehr viel länger gedauert, bis ich da Fuß gefasst hätte in dem Beruf. Aber das war zum einen für mich die Bestätigung: Ja, das ist das, was ich machen möchte. Und zum anderen war es auch die Bestätigung, dass mein Weg noch sehr lang ist und sehr frustrierend ist, bis ich richtig gut programmieren kann. Aber das war einfach eine super Sache. Ich bin sehr traurig, dass es den Rails Girls Summer of Code nicht mehr gibt. Aber ich weiß, dass sehr viele von diesen ehemaligen Teilnehmerinnen, die wirklich aus aller Welt kamen, dann hinterher auch in die IT gegangen sind als Programmiererinnen. Da gibt es die eine oder andere Erfolgsgeschichte, die ich auch mit begleitet habe, mit Rails Girls Berlin. Und das finde ich auch sehr schön.

Stefanie: Das ist auch echt ein Erfolg. Andere Mädchen und Frauen zu inspirieren und dazu zu bringen, in den Bereich einzusteigen, finde ich eine super Sache. Jetzt sind wir schon so im Jahr 2015 gelandet. Und 2015 bist du auch schon zu INNOQ gekommen?

Ute: Ja, das stimmt.

Stefanie: Du hast damals noch studiert, richtig? Das war noch nicht zu Ende.

Ute: Genau. Ich habe noch studiert. Ich habe zwischendurch auch so ein paar Pausensemester gemacht, weil ich auch gearbeitet habe und zwischendurch auch einfach keine Lust mehr hatte. Aber 2015 dachte ich: Langsam musst du doch mal irgendwie zum Ende kommen. Aber ich musste auch irgendwie ein bisschen Geld verdienen und wollte dann aber auch als Entwicklerin schon arbeiten. Ich wollte jetzt nicht irgendwie noch irgendwas Fachfremdes machen, weil ich gedacht habe, dann klappt es nicht mit dem Programmieren, weil dann die Energie wieder ganz woanders hin fließt. Und dann hatte ich Kontakt über den Lucas zu INNOQ bekommen. Ich hatte vorher schon bei einer anderen Firma einen Junior Job angetreten, wo ich nicht so glücklich war. Und dann hat Lucas durch Zufall den Kontakt hergestellt. Und dann irgendwann rief mich der Stefan dann eines Tages an und sagt: Ute, ich habe gehört, du hast einen Job, der dir nicht gefällt. Was ist denn das Problem? Und dann haben wir miteinander telefoniert und dann wurde ich zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Und ich bin dann hingefahren und wurde also gefühlt ziemlich gegrillt in diesem Vorstellungsgespräch, weil so richtig viel konnte ich jetzt noch nicht, weil ich noch studiert habe und noch nicht so viel Berufserfahrung hatte. Aber es muss wohl überzeugt haben. Und Stefan und Philipp haben mir damals dann eine Extrawurst angeboten, weil es damals, als ich bei INNOQ angefangen habe eigentlich nur Consultants und Senior Consultants gab und Azubis und Studentinnen. Und ich wollte nicht nur 20 Stunden die Woche arbeiten, weil ich schon ein bisschen mehr Geld brauchte. Und dann haben sie mir angeboten, dass ich anfangen kann, als Zwischending, zwischen Studi und Consultant.

Stefanie: War das dann auch ein Titel? Oder war das dann dein Arbeitstitel: Zwischending?

Ute: Es gab da eigentlich keine Berufsbezeichnung. Ich habe dann mal so gefragt: Wie ist denn jetzt mein Titel? Und dann hat er gesagt: Denk dir doch was aus. Es sollte nichts mit Einhorn zu tun haben. Deswegen war ich sehr lange Zeit, bei LinkedIn steht es immer noch als Yak Shaving Enthusiast unterwegs. Ich bin immer noch sehr enthusiastisch, was Yak Shaving angeht.

Stefanie: Ich frage mal ganz naiv, was ist das?

Ute: Im Prinzip ist das so, wenn man eine Aufgabe machen will, die eigentlich sehr einfach ist, aber dann feststellt: Außen herum kann man dann noch ganz viele andere Dinge machen, zum Beispiel: Ich möchte jetzt ein Buch schreiben, programmiere ich jetzt erstmal einen Texteditor, in dem ich dieses Buch dann schreiben kann. Das ist ein Yak Shaving.

Stefanie: Okay, ich habe eine ungefähre Vorstellung. Erst mal die Tools selbst machen.

Ute: Das ist so ein geflügeltes Wort unter Entwickler:innen. Wenn man sagt, ich gehe jetzt mal Yak Shaving, dann weiß eigentlich so ziemlich jeder, was gemeint ist. Und dann habe ich bei INNOQ angefangen. Ich glaube mit 30 Stunden damals, habe an einem internen Projekt, an unserer Webseite gearbeitet. Die auch in Rails programmiert ist, was sich ganz gut getroffen hat, weil ich auch mit Rails angefangen hatte und parallel habe ich dann weiter studiert. Und das waren so die ersten Schritte, die ich bei INNOQ schon gemacht habe. Ich weiß, mittlerweile gibt es auch noch ein paar, die mir nachgefolgt sind mit dem Zwischending. Ich glaube mittlerweile, weiß ich nicht, ob es immer noch keinen offiziellen Titel gibt. Aber wir haben zumindest Kolleginnen, die mittlerweile auch diesen Weg gehen. Und dann habe ich tatsächlich doch noch ein bisschen länger für mein Studium gebraucht. Vielleicht, weil da auch der Druck dann nicht mehr so groß war. Aber ich habe es dann zu Ende gebracht, habe meine Bachelorarbeit geschrieben und war auch sehr stolz darauf. Und am Ende meines Studiums hatte ich dann noch mal ein Vorstellungsgespräch bei Stefan und Philipp, wo es dann darum ging, ob ich bleiben möchte und ob ich dann Consultant werde. Und am Ende des Gesprächs war dann klar: Ich darf bleiben, ich möchte bleiben und war dann Consultant. Und mittlerweile bin ich Senior Consultant.

Stefanie: Sehr cool. Und dein Schwerpunkt liegt auf Frontend Entwicklung und du bist in Kundenprojekten. Und du machst aber auch die Webseite als internes Projekt. Du bist die Herrin der Website, oder? Oder die Herrin des Style Guides.

Ute: Ja, ich würde sagen, die Herrin des Style Guides.

Stefanie: Die Herrin ist auch lustig.

Ute: Die Herrin.

Stefanie: Das passt irgendwie nicht zusammen, aber wir wissen, was gemeint ist.

Ute: Ja, genau, die Herrscherin. Ich bin noch mit Robert zusammen und einigen anderen Leuten im Team. Wir sind mittlerweile ein etwas größeres Team, aber Robert und ich sind das Kernteam, das eigentlich immer da ist und wahrscheinlich werde ich auch immer die Webseite mit betreuen, weil das auch so ein Herzensprojekt von mir ist. Mittlerweile haben wir diesen Style Guide, den haben wir 2018 eingeführt, als wir den Relaunch gemacht haben. Seitdem arbeiten wir mit dem Style Guide und das ist eigentlich so, da arbeite ich eigentlich am meisten drin. Aber wenn irgendwie auch mal Sachen im Backend, im CMS zu tun sind, in der Webseite, dann mache ich das auch. Und neben Robert sind noch andere Leute beteiligt.

Stefanie: Es läuft neben den Projekten parallel. Das heißt, es hat nicht jeder immer gleich viel Zeit und deswegen braucht man ein Team.

Ute: Genau, deswegen braucht man schon ein Team. Das führe ich auch noch weiter.

Stefanie: Du steckst zum einen in den Kundenprojekten drin und zum anderen betreibst du die Website bei uns. Frontend Entwicklung ist das große Stichwort oder die große Überschrift über dem, was du tust. Was ist daran denn so spannend für dich und was reizt dich daran?

Ute: Ja, im Prinzip ist es eigentlich so passiert. Am Anfang habe ich natürlich gesagt, ich möchte auf jeden Fall Backend Entwicklung machen. Habe mich dann aber tatsächlich viel mit HTML und CSS beschäftigt und habe festgestellt: Dieses Gestalterische und Visuelle ist mir immer noch sehr wichtig und man kann mittlerweile mit CSS einfach super viele coole Sachen machen. Dass man in Enterprise Projekten, die viel mit Tabellen zu tun haben, eigentlich weniger einsetzen kann. Aber prinzipiell kann man viele coole Sachen machen und im Prinzip ist das Frontend auch das, was der User und die Userin von der Anwendung sieht. Wie das Backend aussieht, ist eigentlich total egal, aber man kommuniziert über ein Frontend mit der Anwendung. Und da habe ich sehr schnell gemerkt, dass mir das wichtig ist. Zum einen, dass es auch mit wenigen Mitteln ansprechend aussieht, dass man es gut benutzen kann und dass ich auch anscheinend nicht nur die Vorliebe für solche Dinge entwickle, sondern auch ein Auge für solche Dinge habe, dass mir manche Sachen vielleicht leichter fallen, mir das visuell vorzustellen, als das bei anderen Personen so ist. Und deswegen macht mir das sehr viel Spaß und man kann tatsächlich coole Sachen machen mit CSS und das macht Spaß.

Stefanie: Du sagtest anfangs, du wolltest natürlich Backend Entwicklung machen. Warum dieses natürlich?

Ute: Backend wird schon bei einigen Menschen als mehr Wert angesehen, als Frontend. Es ist die wichtigere Arbeit. Da braucht man die richtige Architektur für. Und HTML und CSS sind auch keine Programmiersprachen. Das ist alles nicht so wichtig. Und das ist so ein Vorurteil, das es immer noch gibt. Das war vor mehreren Jahren noch viel stärker. Mittlerweile weiß man, dass eine Nutzerinteraktion genauso wichtig ist und dass ein gutes Design auch einfach sehr wichtig ist und dass auch Software ergonomisch sein sollte. All diese Dinge, über die redet man heute viel mehr, als es früher der Fall gewesen ist. Aber so am Anfang ist es schon so, dass man denkt: Ja, komm, lass mich Backend machen. Dann hat man mehr Ansehen auch als Frau. Und wenn man dann die harte Männerdomäne macht, dann ist man mehr angesehen, weil man dann keine Mädchen Informatik macht. Das ist so ein Schimpfwort. Medieninformatiker sind auch teilweise Mädchen Informatiker, weil es wieder was mit visuellen Dingen zu tun hat und da muss man drüberstehen. In letzter Zeit habe ich das nicht mehr so oft gehört, aber manchmal hört man solche Dinge auch. Deswegen ist es tatsächlich schon noch irgendwie ein bisschen in den Köpfen drin, dass dieses Visuelle, da sind auch viele Frauen unterwegs. In dem Frontend, weil das ist auch einfacher.

Stefanie: Vermeintlich einfacher.

Ute: Vermeintlich einfacher.

Stefanie: Das Fiese an diesen visuellen Dingen ist natürlich auch, dass ist immer das, was sichtbar ist. Das heißt, es schaut sich auch jeder an und jeder hat eine Meinung und im Zweifel gibt es zehn verschiedene Meinungen und jeder meint, er ist Experte oder Expertin in dem Bereich.

Ute: Genau das ist es. Das ist tatsächlich so. Im Backend laufen Dinge oder laufen nicht. Und dann kann man das vielleicht noch auf eine elegante Art und Weise ausdrücken. Also tatsächlich im Frontend, also gerade zu visuellen Designs und solchen Dingen hat wirklich jeder und sein Hund eine Meinung. Ob das jetzt ein Pixel rechts, links sein sollte oder ob es grün oder blau sein sollte. Jeder möchte da gerne mitreden und das ist eigentlich auch das, was ich im Frontend sehr anstrengend finde teilweise. Dass man sehr viel mit Meinungen zu tun hat und nicht unbedingt immer qualifizierte Meinungen, aber diese Meinungen dann trotzdem irgendwie wichtig sind und man den Leuten das dann ausreden muss oder dagegen argumentieren muss. Und das ist der anstrengende Teil des Frontends.

Stefanie: Ja, das kann ich mir gut vorstellen. Mir geht das immer so, wenn ich Texte schreibe, dann warte ich auch immer darauf, dass irgendjemand einen Kommafehler findet oder meint: Das hätte ich jetzt anders formuliert.

Ute: Genau.

Stefanie: Trotzdem ist Frontend deine Leidenschaft. Du hast schon gesagt, CSS ist quasi eine Programmiersprache oder zumindest ein mächtiges Tool.Hast du Ideen, wo für dich die Reise noch so hingehen kann? Du bist jetzt echt schon ein paar Jahre im Beruf und du hast diese Community Arbeit, die ist so ein bisschen in den Hintergrund geraten. Wie es für dich noch weitergehen kann?

Ute: Ich würde tatsächlich ganz gerne wieder Community Arbeit machen. Tatsächlich ist es so. Ich habe es die letzten Jahre nicht mehr so sehr verfolgt, aber gerade solche Geschichten wie Rails Girls finden eigentlich immer nur in großen Städten statt. Berlin ist da die Stadt, wo man sich einfach alles aussuchen konnte. Jeden Tag war irgendwas, irgendeine User Group, fünf Workshops. Auf dem Land oder auch in anderen Städten findet man super wenig Sachen, wo man so was lernen kann. Und das finde ich sehr schade. Und ich bin mittlerweile aufs Land gezogen und deswegen habe ich schon überlegt, auch vielleicht hier mal tätig zu werden und vielleicht irgendwie hier mal bei uns in der Pfarrei einen kleinen Workshop, einen Programmier Workshop oder so etwas zu machen oder auch ein Coder Dojo zu machen. Coder Dojo ist im Prinzip so was ähnliches wie Rails Girls nur für Kinder, die programmieren lernen können.

Stefanie: Das Heranführen an die Thematik auf spielerische Art und Weise vermutlich?

Ute: Ja genau. Und dann auch irgendwie auch den Mädchen diese Scheu zu nehmen, bevor diese Rollenbilder so krass reinschlagen. Dass da auch irgendwie Raum dafür da ist. Und ich finde das einfach sehr wichtig. Ohne die Community Arbeit wäre ich heute nicht da, wo ich bin. Und das möchte ich eigentlich auch weitergeben. Aber ich meine natürlich war Corona.

Stefanie: Jetzt nimmt es wieder Fahrt auf.

Ute: Ja. Ich bin mal gespannt. Community Arbeit würde ich auf jeden Fall ganz gerne weitermachen und mich da ein bisschen mehr wieder engagieren.

Stefanie: Also quasi den Funken, der damals bei dir übergesprungen ist, dann wieder an die nächste Generation weiterzugeben.

Ute: Ja, genau.

Stefanie: Aber das ist auch ein ganz schönes Schlusswort. Den Funken weitergeben. Vielen Dank für das Gespräch. Fand ich sehr interessant. Ich bin immer wieder, muss ich echt sagen, es fasziniert mich immer wieder, wenn ich euch interviewe, wie verschieden diese Lebenswege sind. Und meistens sind sie nicht gradlinig. Ich finde es sehr spannend. Ich hoffe, dass es unseren Hörerinnen und Hörern auch Spaß gemacht hat. Ihr könnt uns natürlich Feedback geben über die üblichen Kanäle und ich hoffe natürlich, dass ihr beim nächsten Mal wieder dabei seid. Und ich bedanke mich fürs Zuhören. Bis zum nächsten Mal. Tschüss.

Ute: Tschüss.