Gastbeitrag von Gregor Hohpe, Autor des Buchs 37 Things One Architect Knows About IT Transformation.

Von Martin Fowler und Erik Dörnenburg stammt die Aussage, dass alles, was Architekten klassischerweise gemacht haben, von Entwicklern, von Tools oder gar nicht gemacht werden solle. Das sind schlechte Nachrichten für Architekten, dennoch gebe ich Martin und Erik recht. Ihr Statement beinhaltet allerdings ein Schlüsselwort: „klassischerweise“.

Diagramme Zeichnen und Entscheidungen Treffen?

Oft wird Softwarearchitektur als die Summe der Entscheidungen definiert, die schwierig oder nur mit viel Aufwand zu ändern sind. Vor geraumer Zeit hat Martin Fowler bereits geschlossen, dass die Rolle des Softwarearchitekten nicht nur beinhalten solle, diese Entscheidungen zu treffen, sondern auch ihre Anzahl zu minimieren. Denn selbst ein Architekt kann nicht erwarten, alle Entscheidungen zu Beginn eines Projektes richtig zu fällen. Agile und „lean“ Methoden haben gezeigt, wie man Software iterativ bauen und weiterentwickeln kann, ohne alle Anforderungen oder Architekturentscheidungen zu Beginn des Projektes festzulegen. Entscheidungen später fällen zu können bedeutet, dass das Team und die Nutzer viel dazu lernen können, bevor sie wichtige Entscheidungen treffen.

Moderne Entwicklungsmethoden haben nicht nur beeinflusst, wann Entscheidungen gefällt werden, sondern auch wie und von wem. Ausgestattet mit modernen Entwicklungs- und Kollaborationstools und Methoden wie Continuous Integration und Continuous Deployment können Teams Entscheidungen kollaborativ treffen, ohne sich auf die Meinung eines einzelnen Architekten verlassen zu müssen – ein Ansatz, der manchmal „Architektur ohne Architekten“ genannt wird.

Oft beschäftigen sich Architekten auch damit, Systemstrukturen nicht nur zu entwerfen, sondern sie auch visuell darzustellen, manchmal als wandgroße Poster oder Tapeten. Diese Aufgabe kann heute von Visualisierungstools übernommen werden, oder durch Entwicklungsumgebungen, die das Navigieren von Codebasen auch ohne Poster ermöglichen.

Adieu Architekt?

Dürfen Softwarearchitekten nun ihren Beruf an den Nagel hängen? Nicht ganz so schnell.

„Internet-scale“- Software bring eine ganze Reihe neuer und spannender Architekturaufgaben mit sich. Noch vor einigen Jahren war es etwas Besonderes, eine verteilte oder hochintegrierte Applikation zu entwickeln. Heute hingegen gibt es kaum eine Applikation, die nicht verteilt in der Cloud läuft oder mit anderen Applikationen oder Services interagiert. Zudem haben solche Systeme hochdynamische, aber auch komplexe Laufzeitumgebungen, die Aspekte wie automatisiertes Deployment, dynamische Skalierbarkeit, automatisierte Failover und Resilienz über Mechanismen wie Circuit Breakers oder zustandslose Applikationen realisieren. Darin steckt eine Menge Architektur!

Architekten im Digitalen Zeitalter: Aufzug Fahren

Aber nicht nur im „Maschinenraum“ eines Unternehmens gibt es signifikante Änderungen. Digitale Unternehmen fordern auch die Businessmodelle etablierter Konzerne durch ihre hohe Agilität, Freiheit von Legacy-Systemen und tiefem Verständnis für Einsatzmöglichkeiten digitaler Technologien heraus.

IT-Architekten können und müssen eine Schlüsselrolle bei der notwendigen Transformation traditioneller Unternehmen spielen. Denn sie wissen, wie man Cloud Computing, Big Data, Mobile Apps, IoT, Microservices & Co gewinnbringend im Unternehmen anwendet. Dazu bedarf es der Fähigkeit, komplexe Technologie so einzusetzen, dass sie Mehrwert für das Geschäft generieren, und komplexe Zusammenhänge so darzustellen, dass der Nutzen für das Unternehmen klar wird.

Unternehmen, die IT großteils als einen Kostenfaktor ansehen, müssen sich neu orientieren, um IT als Geschäfts- und Innovationstreiber zu etablieren. Dazu braucht es Architekten, die eine direkte Verbindung zwischen der Führungsetage und dem Maschinenraum schaffen. Wir nennen dies, den „Architektenaufzug“ zu fahren.

Um mit dem Aufzug in die oberen Etagen zu kommen, brauchen Architekten aber mehr als technische Skills. Sie müssen Organisationsdynamiken verstehen, klar kommunizieren, strategisch planen und das Vertrauen des Managements gewinnen. Dabei dürfen sie natürlich nicht ihre technische Basis vernachlässigen. Denn Personen, die den Aufzug nur einmal in ihrer Karriere nach oben fahren, sind keine Architekten, sondern Manager, die früher einmal technisch unterwegs waren. In unserer schnelllebigen Welt altert IT Wissen allerdings so schnell, dass die Phrase „I used to be technical“ wenig Wert hat.

Der Digitale Architekt

Die Rolle des Architekten ist nicht also längst nicht verschwunden, im Gegenteil: Tools und moderne Prozesse nehmen den Architekten einige leidige Aufgaben ab, während neue Tätigkeitsfelder einen noch größeren Wert für das Unternehmen bringen. Lange leben die Architekten!

Steigen Sie in den Architekten-Aufzug!

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