Transkript

Women in Tech: Christina

Lessons learned

Nach einem einem Studium der Informatik und einem Job als Werkstudentin bei INNOQ, ging es für Christina mit Lichtgeschwindigkeit zur Head of IT in einem Start-up. Welche Hürden sie dort als Berufseinsteigerin nahm, was sie hieraus gelernt hat und mit welchem Profil sie sich (wieder) bei INNOQ beworben hat: Darüber spricht sie mit Stefanie in dieser Folge der Podcast-Reihe Women in Tech.

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Transkript

Stefanie: Hallo und herzlich willkommen zum INNOQ Podcast. Heute mal wieder mit einer Ausgabe zum Thema “Women in Tech”, ich habe nämlich eine davon heute bei mir hier im virtuellen Podcast Studio. Und zwar ist das die Christina. Hi Christina!

Christina: Hi, Stefanie.

Stefanie: Schön, dass du heute da bist. Christina, Wir kennen uns ja noch gar nicht so lange. Wir haben uns im Sommer bei einem internen INNOQ Event in Wien kennengelernt. Und zwar hast du dort einen fulminanten Einstiegs Vortrag gehalten, der ist mir im Gedächtnis geblieben. Im Gegensatz zu manch anderen Menschen hast du nämlich nicht davon erzählt, was du schon alles Tolles geleistet hast in deinem Arbeitsleben, sondern du warst so mutig, davon zu erzählen, was schiefgelaufen ist und das auch noch auf so eine charmante Art und Weise, dass es sehr unterhaltsam war und dass jeder auch nachvollziehen konnte, was da passiert ist. Und vielleicht auch bei sich selbst schon ein paar dieser Dinge erlebt hat. Das ist mir so im Gedächtnis geblieben, dass ich gedacht habe “Okay, das sollte nicht unter uns bleiben”, sondern da interessiert sich vielleicht auch ein größeres Publikum dafür. Und deswegen unterhalten wir uns heute hier.

Christina: Ja.

Stefanie: Bevor wir das machen, würde ich aber sagen Stell dich doch mal vor, wer bist du? Was machst du bei INNOQ? Und seit wann bist du bei uns?

Christina: Okay, ja gerne. Ich bin seit 2015 bei INNOQ, ich habe als Studentin angefangen und war dann noch mal kurz raus für zwei Jahre und bin jetzt seit Mai 2022 als Consultant hier und arbeite momentan vor allen Dingen in der Frontend-Entwicklung. Ich bin 39 Jahre alt und das sind erstmal die groben Fakten.

Stefanie: Genau. Du hast ja schon gesagt, du bist schon eine alte Bekannte bei INNOQ, nur wir kennen uns erst seit letztem Sommer. Erzähl doch mal, wie du als Student bei uns reingekommen bist und was du so während deiner Studenten-Tätigkeit bei uns gemacht hast.

Christina: Ich habe eine relativ lange Berufsausbildungsweg hinter mir, noch vorher eine Ausbildung gemacht und noch was anderes studiert und war dann schon über 30, als ich angefangen habe Informatik zu studieren. Ich habe dann auf einem Meetup in Bonn die Silvia Schreier kennengelernt und die hat damals bei INNOQ gearbeitet. Die meinte dann zu mir “Bewirb dich doch mal bei INNOQ als studentischen Nebenjob, ich kündige dich da schon mal an”. Dann hat Silvia mich mit Phillip bekannt gemacht und dann hatte ich eben hier ein Vorstellungsgespräch für zwei Tage die Woche als Job. Genau, das hat dann ziemlich schnell und gut geklappt. Dann habe ich angefangen hier zu arbeiten und war dann eigentlich grob fünf Jahre lang zwei Tage die Woche hier, um die 10 Stunden.

Stefanie: Du hast also Informatik studiert und quasi nebenbei bei uns gearbeitet. Hast du dort schon richtig Projekterfahrung gesammelt oder Programmiererfahrung oder was hast du inhaltlich gemacht?

Christina: Also Projekterfahrung nicht, da sollten die Studenten noch nicht rein, damit die mehr ein sicheres Umfeld haben, um zu lernen und nicht diesem Stress ausgesetzt sind. Das heißt, in den fünf Jahren habe ich viel mit Java programmiert, mit den anderen Studentinnen kleinere Aufgaben gemacht und die Grundkonzepte kennengelernt, Übungen bekommen, grob das. Wir haben aber auch ein bisschen andere Sachen gemacht, wir haben zum Beispiel den Podcast transkribiert.

Stefanie: Also nicht nur programmiert, alles klar. Du hast deinen Abschluss dann im Jahre 2020 gemacht. Wenn man so lange als Student bei INNOQ arbeitet, wäre es ja wahrscheinlich naheliegend gewesen, einfach bei uns zu bleiben, wenn man sich wohl gefühlt hat. Das hat nicht geklappt, warum eigentlich?

Christina: Also wohlgefühlt habe ich mich auf jeden Fall. Ich hatte auch immer schon Freunde hier in der Firma, das war menschlich immer super. Ich habe nach dem Abschluss gedacht, dass ich vielleicht auch noch ein bisschen mehr meine sozialen Skills nutzen will. Ich habe dann verschiedene Optionen neben dem reinen Programmierjob erwogen. Das hat dann damals einfach nicht so gepasst. Dann habe ich mich erst mal woanders umgeguckt und dann letztlich in einer sehr aufregenden Phase gelandet.

Stefanie: Genau, da kommen wir gleich noch dazu. Du wolltest mehr in Richtung Projektmanagement, bei uns nennen wir das die Sternchenrolle. Rollen, die diese Softwareprozesse begleiten und helfen aufzusetzen.

Christina: Ja, genau das hatte ich mir überlegt, dass das eher meinen Talenten entspricht oder mir auch mehr Spaß machen könnte. Letztlich hatte ich aber einfach viel zu wenig Erfahrung, eigentlich so gut wie gar keine in dem Bereich. Ich habe auch mittlerweile den Eindruck, dass man normalerweise erst ein paar Jahre Erfahrung als Entwicklerin/Entwickler sammeln sollte, bevor man dann eben in so eine Sternchenrolle geht. Im Endeffekt ist immer alles gut, wie es gekommen ist. Ich bin dann sozusagen wieder auf den rechten Pfad zurückgekommen und habe gemerkt, ich möchte doch gerne entwickeln und nur entwickeln und habe das zu dem Projektmanagement auch erst mal ad acta gelegt. Das ist gerade gar nicht mehr aktuell für mich.

Stefanie: Okay. Du hast dann außerhalb von INNOQ nach einer Entwickler/ Entwicklerin-Position gesucht.

Christina: Ja, genau. Ich habe eigentlich nach einer Juniorentwickler-Stelle gesucht. Das ist genau das, was ich war. Ich hatte mich bei einer Webagentur in Köln beworben, die meinten aber, ich hätte noch nicht genug Erfahrung. Die sind auch relativ klein und sind dann darauf angewiesen, dass jeder wirklich viel beitragen kann, die haben nicht die Kapazität, um jemanden da noch zu begleiten. Die haben dann aber den Kontakt hergestellt zu einem Start-up. Da habe ich dann angefangen zu arbeiten und habe gleichzeitig auch noch bei einem Freund in seinem Start-up angefangen. Ich habe im Grunde in zwei Start-ups gleichzeitig gearbeitet.

Stefanie: Was man als Junior halt so macht.

Christina: Ich weiß noch, dass meine Freundin zu mir meinte “Oh Christina, Start-ups, da habe ich aber Sachen gehört, bist du dir sicher?” Das ist typisch ich, dass ich dann denke “Wie schlimm kann es denn sein, das mache ich jetzt mal, das wird schon cool werden”. Mittlerweile bin ich diejenige, die, wenn jemand sagt “Ich fange im Start-up an” und man sagt “Okay, Moment, lass uns mal kurz sprechen, ob das denn auch zu dir passt.”

Stefanie: Du hast ja nun wirklich einige Erfahrungen in Start-ups gesammelt. Erzähl doch mal kurz. Du wolltest als Junior-Entwicklerin in diesem Start-up anfangen, was war das dann tatsächlich für eine Stelle, war das eine Junior-Stelle?

Christina: Ja. Nein. Ich habe schon ehrlich gesagt, was mein Skill Level ist, weil ich das wichtig finde, dass beide Seiten klar Bescheid wissen. Das war auch okay. Im Endeffekt war es dann so, dass ich mich als Head of IT wiedergefunden habe, weil ich die einzige Informatikerin war, in einem ungefähr zehnköpfigen Team und alles machen musste, was auch nur im entferntesten mit Informatik, Programmierung, Webseite etc. zu tun hat. Das war eine völlige Überforderung. Das ist mir aber erst nach ein paar Wochen klar geworden. Am Anfang war es natürlich total aufregend. Einarbeitung gab es auch nicht wirklich. Die Unternehmenswebsite war mit WordPress gebaut und dann war noch eine Rails-App da eingebunden. Auf der Website war noch Hubspot angeschlossen, das ist eine Marketing, alles mögliche Plattform. Die Webseite war ein Stückwerk aus ganz vielen verschiedenen Systemen, die zusammenkamen, wo man alleine schon ein bisschen braucht, um das zu verstehen, wie das alles zusammenarbeitet. Das WordPress System, “die und die hat das mal aufgesetzt. Du kannst die fragen, wenn du Fragen hast, aber eigentlich musst du dich erst mal alleine einarbeiten”. Das habe ich dann auch getan. Nur das Problem war eben wirklich, wenn eine Frage aufkam, “Das musst du selber rausfinden. Vielleicht kannst du im Internet irgendwelche Gruppen finden, wo du was fragen kannst”. Auf jeden Fall.

Stefanie: Oder Dr. Google, ja.

Christina: Oder Dr. Google, genau. Das war natürlich auch gut. Das habe ich wirklich gelernt, also Selbstständigkeit habe ich gelernt. Ich davor sehr dazu tendiert habe, immer sofort jemanden zu fragen.

Stefanie: Es fehlte schon so ein Team. Es ist ja nicht unnormal als Junior hat man einfach Fragen, als Neuling und wenn dann keiner da ist, der einem helfen kann, ist das erstmal Mist. Was hat das denn mit dir gemacht, warst du dann am Anfang in so einer Art Dauerstress und im Angstmodus oder wie hast du dich damit gefühlt?

Christina: Ja, auf jeden Fall. Ich war definitiv die ersten Wochen die ganze Zeit in so einem Angstmodus. Es muss natürlich im Start-Up auch immer alles schnell schnell gehen. Man hat ja als Berufsanfänger auch einfach noch nicht diese Kompetenz zu sehen. Man kann sich nicht einordnen, mittlerweile kann ich mich besser einordnen. Wo stehe ich im Vergleich zu anderen und was wird von mir erwartet. Das wusste ich nicht und dann habe ich die ganze Zeit gedacht ich bin bestimmt viel zu langsam mit allem. Egal welche Aufgabe, ich habe mich immer total beeilt. Das ist natürlich auch schon ungünstig, weil man dann ungenau wird, wo wir später noch mehr dazu hören werden. Das war nicht schön, andererseits auch ein bisschen normal, glaube ich, beim Berufseinstieg, dass man ein bisschen Angst hat.

Stefanie: Das stimmt. Normalerweise hat man wahrscheinlich so’n Sparringspartner, mit dem man ein paar Sachen durchspielen kann, bevor man auf irgendeinen Knopf drückt und das Go gibt.

Stefanie: Apropos Go geben, da sind auch ein paar Sachen passiert, die jetzt nicht so geil waren, im Nachhinein betrachtet. Erzähl doch mal, was da so passiert ist.

Christina: Ich weiß noch, wie ich, als ich eingestiegen bin, zu einer Freundin gesagt habe "Okay, das Schlimmste, was passieren könnte, wäre ja eigentlich, wenn ich die Webseite lösche von dem Unternehmen. Da war auch ein Buchungssystem drauf, die war wirklich lebensgebend für das Unternehmen. Und genau das ist dann passiert.

Christina: Der Designer und ich, wir haben eng zusammengearbeitet und er hat das Design gemacht, und ich habe es technisch umgesetzt. Wir hatten wochenlang ein neues Design umgesetzt. Wir hatten eine Staging-Umgebung und eine Produktions-Umgebung. Auf der Staging konnte man die Änderungen einpflegen und dann konnte man die rüberschicken, synchronisieren mit der Live-Umgebung und dann ist es sozusagen live im Internet gewesen. Das ist eigentlich erst mal total gut und sicher. Auf der Staging waren die Design-Änderungen umgesetzt und dann, frag mich nicht mehr, wieso das so war, aber das war auf jeden Fall nicht mein Fehler. Ich sollte einen Benutzer löschen in WordPress, einen Admin in WordPress. Dann habe ich das gemacht und ich weiß noch, dass ich mich total gefreut habe über diese Aufgabe, weil es etwas ist, was man extrem schnell und easy erledigen kann und sich positiv fühlt. Ich war es auch gewohnt, dass ich auf Dinge Entscheidungen treffe, obwohl ich nicht genau verstehe, was ich da gerade mache. Das muss man auch dazu sagen, weil das Alltag da war, es ging nicht anders. Dann habe ich auf Löschen geklickt und dann kam die Frage “Möchten Sie diesen Benutzer mitsamt seinen Inhalten löschen?” Ich habe gedacht "Ja, Adresse, Telefonnummer, kann alles weg. Okay, Aufgabe erledigt, wunderbar.

Christina: Ich habe mich wieder anderen Dingen zugewendet und dann war es so, dass ich abends oder am nächsten Morgen mit dem Designer-Kollegen telefoniert habe und der meinte “Christina, irgendwie fehlt die halbe Webseite. Die ganzen Unterseiten sind weg und das Menü. Alles ist weg, was ist da los?” Ich habe aber schon natürlichen Adrenalinkick bekommen, habe dann schnell nachgeguckt. Stimmte, war irgendwie alles weg und dann habe ich schon gedacht “Oh Gott, das kann ja eigentlich nur was mit mir zu tun haben, aber es darf nichts mehr zu tun haben”. Dann bin ich in die Recherche gegangen und kam ich zu dem sicheren Schluss, ich kann damit nichts zu tun haben. Irgendwie habe ich dann gemerkt, dass da einige Artikel gelöscht worden waren und habe auch noch selbstgefällig gedacht “Mein Gott, manche Leute, man muss auch mal ein bisschen nachdenken, bevor man irgendwie was löscht. Man kann doch nicht einfach so Sachen machen, aber gut, dass ich nicht dafür verantwortlich bin, diese arme Person”.

Christina: Ein paar Stunden später, irgendwas ist passiert. Auf jeden Fall ratterte es dann langsam in meinem Gehirn und dann kam die Erkenntnis: Okay, das war dieser Benutzer, den du gelöscht hast und die Inhalte waren alle unter Seiten, die dieser Benutzer jemals angelegt hatte.

Stefanie: Nicht nur Telefonnummern und Email Adressen.

Christina: Nee, es war ein Drittel der Webseite. Diese Seiten, das ist in WordPress schneller gemacht, als wenn man es in HTML schreibt, aber es ist trotzdem nicht so schnell gemacht und wir hatten auch, Und jetzt kommt nämlich der springende Punkt, Kein Backup. Das war auf der Produktions-Umgebung, dass das gelöscht wurde. Das Blöde war jetzt, ich weiß nicht, ob das jetzt zu kompliziert ist, aber auf der Staging waren die Design-Änderungen und auf der Produktions-Ebene mussten wir dann das Backup einspielen, um diesen Benutzer wieder zu kriegen. Auf jeden Fall war es dann so, dass wir quasi entweder den Benutzer zurückkriegen konnten und dann waren alle Design Änderungen weg oder das Andere. Und dann mussten wir.

Stefanie: Pest oder Cholera.

Christina: Genau, Pest oder Cholera. Vor allen Dingen dieser Moment, wo ich dann gemerkt habe, ich war es und es dann halt auch sagen musste, das war wirklich, wirklich unangenehm, weil in einer Woche Design Release war. Aber ich habe es dann gebeichtet, es blieb mir nichts anderes übrig und haben auch alle total nett reagiert. Also supernett und haben auch gesagt “Okay, wir hätten uns mit der Backup Situation besser verhalten sollen, lernen wir daraus.” Und dann haben wir alles nochmal gemacht, im Schnelldurchlauf.

Stefanie: Okay, also immerhin, die Fehlerkultur war gegeben, man durfte Fehler machen und dir hat keiner den Kopf abgerissen.

Christina: Ja, zu einem gewissen Ausmaß, wie wir gleich merken werden. Da war noch alles cool.

Stefanie: Du hast die Webseite gelöscht, alles klar.

Christina: Genau, haben wir abgehakt.

Stefanie: Offensichtlich ist noch mehr passiert.

Christina: Ja, es sind noch 2 Millionen Sachen mehr passiert. Also in einem Start-up hat man ja nicht viel Geld. Wir hatten so einen relativ günstigen Hosting Provider, wo unsere Webseite lag und wo auch alle Emailadressen lagen. Wir haben uns anderthalb Jahre lang über den geärgert, weil einfach immer Webseitenausfälle waren und wie man sich das halt so vorstellt. Wenn man auf billig setzen muss, dann kriegt man auch keine Qualität. Irgendwann kam dann der Entschluss, dass wir jetzt wechseln wollen, allerdings zu einem anderen Billiganbieter. Die Hoffnung, dass es dann besser wird. Diesen Hosting Provider-Umzug, den sollte ich dann managen, da muss ich dazu sagen, ich weiß gar nichts über Hosting. Jetzt schon, aber damals, ich wusste wirklich nichts. Ja, da liegt eine Webseite auf einem Server. Also wirklich, das war’s, Stefanie, was ich wusste. Ich wollte das natürlich auch nicht komplett offenlegen. Ich habe dann gesagt “Okay, ich fühle mich da ein bisschen unsicher, aber ich arbeite mich da ein.” Dann ist das halt ziemlicher Hustle, weil man da alles Mögliche machen muss. Und es war auch noch extra kompliziert. Die Website lag bei dem Hosting-Provider. Die Emailadressen, die an der Webseite hingen, die waren in der Cloud und irgendwie bei Google. Zuhörer werden jetzt bestimmt viel besser verstehen als ich, wie das alles zusammenhing. Bis heute habe ich, weil ich jetzt auch eine Blockade bei dem Thema habe, irgendwie nicht so ganz verstanden, wie das alles zusammenhing. Man kann nicht einfach sagen, die Website wird umgezogen, sondern man muss dann noch Authorization-Codes anfordern bei dem vorigen Provider, damit es alles rechtmäßig umgezogen wird. Start-up ist chaotisch, es sind immer mehrere Personen beteiligt und 1/3 dieser Personen, die damals irgendwas gemacht haben, waren dann schon längst nicht mehr in Unternehmen und auch nicht mehr erreichbar. Die konnte man dann natürlich auch nicht fragen. Dann war das so, dass diese Codes, die wir haben mussten, an eine hinterlegte E-Mail-Adresse geschickt werden. Diese E-Mail-Adresse war aber damals falsch eingegeben worden, die existierte gar nicht. Dann konnten wir die nicht ändern und dann war Teil der Domains im Ausland. Ich habe da wirklich mit ausländischen Behörden telefoniert, die dann auch noch versucht haben, mir die Situation irgendwie zu erklären. Dann muss man die DNS Records noch umstellen. Es hängt wirklich sehr viel an so einem Umzug dran. Das muss dann, wenn der Umzug einmal angestoßen ist, wirklich alles zeitnah umgestellt werden, weil sonst Dinge verloren gehen können. Ich hatte dann irgendwann verstanden, was jetzt alles gemacht werden muss, habe aber trotzdem gemerkt “Okay, ich habe noch Verständnislücken und eigentlich traue ich mir das nicht zu. Jetzt wirklich die Verantwortung für diesen kompletten Umzug übernehmen, das kann ich nicht.” Dann bin ich zu meinem Chef gegangen und habe genau das gesagt und dann meinte er “Ja, du musst es aber halt machen. Du bist hier die einzige Informatikerin und du musst es halt machen.”

Christina: Ich habe mich dann unter Druck gesetzt gefühlt, weil es auch immer kommuniziert wurde “Hey Christina, das ist doch toll, dass du quasi jetzt hier so der Chef bist vom Informatik Bereich. Du hast hier eine Chance, um wirklich in so eine Rolle reinzukommen.” Und das sehe ich auch, wo diese Chance ist, aber ich war einfach überhaupt nicht bereit dafür und dadurch war es im Endeffekt ein Desaster. Dann musste dieser Umzug natürlich auch noch am Freitag passieren. Weil die Kollegen mir kaum helfen konnten, sie haben mir schon versucht zu helfen, aber sie konnten es halt kaum. Dann habe ich noch bei dem Support von diesem Hosting Provider angerufen und da wirklich mit fünf oder sechs Mitarbeiten telefoniert und teilweise kannten die sich dann aus. Man fühlt sich dann auch so belästigend, weil ich möchte natürlich auch nicht, dass die meinen Job machen müssen, die haben ja ihren eigenen Job. Dann haben die mir im Endeffekt zugesagt, diesen Umzug ein bisschen mitzubetreuen und wollten dann auch die DNS Records umstellen. Dann ist das Freitag passiert und ich war sowieso schon total gestresst. Im Endeffekt wurden dann diese DNS Records nicht umgestellt, weil er es wahrscheinlich einfach vergessen hat, keine Ahnung, keine Lust hatte. Der Umzug wird angestoßen, dann fällt die Webseite erst mal aus, die ist nicht erreichbar und eigentlich nach ein paar Stunden geht sie dann wieder an.

Christina: Dann war ja Wochenende. Ich war der Meinung, dass es jetzt funktioniert hat oder ich habe den Kopf in den Sand gesteckt, ich weiß es nicht genau. Auf jeden Fall habe ich am Wochenende auch nicht in Slack geguckt, also in unseren Firmenchat und nichts gecheckt und habe dann Sonntag Abend reingeguckt und hatte dann schon eine wütende Email von einem Kollegen “Ja, was ist denn hier los, die Webseite ist nicht erreichbar und die Emails werden nicht zugestellt.” Hatte dann Montagmorgen direkt ein Meeting mit meinem damaligen Chef und dem Kollegen. Das war wirklich sehr unangenehm, die beiden mir gegenüber, ich habe mich echt alleine gefühlt und dann hieß es “Ja, die Webseite ist down. Wir haben Emails übers Wochenende verloren, die wurden nicht zugestellt, die sind auch jetzt unwiederbringlich verloren. Die waren super wichtig für Investoren, für unser Kapital. Du bist schuld, du hast Informatik studiert, wieso kannst du das nicht?” Das war ein sehr schlimmer Moment für mich, weil ich das erst mal alles angenommen habe. Ja, wie gesagt, ich konnte mich selbst nicht einschätzen. Mittlerweile kann ich es ganz anders bewerten, weil ich natürlich jetzt auch hier bei INNOQ mit ganz vielen Kollegen geredet habe und dann auch von Informatiker Freunden erfahren habe, dass die schon ganze Datenbanken gelöscht haben, aus Versehen. Sachen, wo man als Anfänger denkt, das passiert niemandem und eigentlich passiert es Allen irgendwann mal!

Stefanie: Wenn man sich den Kontext mal so anguckt, dann war das ja auch ein Scheitern mit Ansage. Von der Uni Entwicklerin zum Head of IT in Lichtgeschwindigkeit sozusagen.

Christina: Ja.

Stefanie: Ja, dann halt auch alleingelassen zu werden und gesagt zu bekommen “Okay, du musst das jetzt aber machen”, ob man das wirklich so machen sollte, wage ich zu bezweifeln.

Christina: Die Kollegen sind alle total nett gewesen, wir hatten ein gutes Verhältnis und das war natürlich auch für meinen Chef eine totale Stresssituation, weil da echt Dinge verloren gegangen sind, die für ihn wichtig waren. Der war natürlich dann auch total emotional und ich war emotional und alle waren emotional. Ich glaube, die würden das auch nicht noch mal so machen, klar, ein Berufsanfänger, das funktioniert einfach nicht. Danach wollte ich das nachbereiten und besprechen wollte “Was ist schiefgegangen, wie können wir das beim nächsten Mal verhindern?” Diese Fehleranalyse hat nicht stattgefunden oder zumindest nur sehr grob. Das ist etwas, was mich wirklich gestört hat und wo ich mit Start-up nicht funktioniere. Ich habe mich in diesen zwei Jahren beruflich selbst kennen gelernt, ich arbeite gerne ordentlich und ich bin auch nicht so schnell. Ich bin eher Perfektionistin und in einem Startup ist das nicht von Vorteil. Ich will so was wirklich dann durchanalysieren und wenigstens diese Fehler beim nächsten Mal vermeiden. Genau das ist es, man lernt aus seinen Fehlern.

Stefanie: Etwas lernen aus deinen Fehlern, das ist ja auch was durchaus Positives. Fehler machen ist das eine, aber dann was draus machen und beim nächsten Mal ein paar Learnings parat haben, um es besser zu machen. Ja, so sollte es ja eigentlich sein.

Christina: Ja, ganz genau. Das war wirklich so ein kleines Trauma, dieser Umzug. Ich weiß noch, dass ich meine kompletten Unterlagen dazu erst mal einfach an die Seite geschoben haben, gedacht habe “Ich will nie wieder was damit zu tun haben.” Als ich dann wusste, dass ich jetzt in ein paar Monaten auch gehen werde, kam dann leider mein Chef nochmal auf mich zu, meinte "Christina, wir haben jetzt überlegt, so lange du noch da bist, lass uns doch nochmal den Hosting-Provider wechseln, du kannst das doch.

Stefanie: Einen neuen Billiganbieter.

Christina: Ich habe wirklich überlegt, ob ich vorher kündigen soll oder irgendwie da noch rauskomme, … ne. Ich bin natürlich auch erwachsen und muss jetzt durch, das wird schon besser werden als beim letzten Mal. Es war dann so, dass ich den neuen Hosting Provider aussuchen durfte, einen etwas teureren genommen habe aus Deutschland mit einer guten Kundenbetreuung, die waren auch total nett. Dann habe ich eben meine ungeliebten Unterlagen wieder rausgeholt und nochmal reingeguckt, aber wieder unter großem Stress sehr gut versucht, mich vorzubereiten. Natürlich ist dann trotzdem wieder etwas schief gegangen. Wie gesagt, immer schnell schnell, immer gefühlter Panik Modus, natürlich hat es ein Start up in der Corona Pandemie auch nicht leicht. Das war auch eine Branche, die besonders betroffen war davon, das war echt ein Kopf gerade über Wasser halten. Jeder Investor war natürlich super wichtig, es gab Montag eine Präsentation der Webseite von einem Investor, Donnerstag war wieder irgendwas anderes wichtiges und der Umzug durfte dann genau am Mittwoch passieren, aber an keinem anderen Tag und es durfte natürlich auch nichts schiefgehen.

Stefanie: Kein Raum für Fehler.

Christina: Wieder kein Raum für Fehler, genau. Das ist wirklich ein Stichwort, wo ich merke, das habe ich immer noch nicht verinnerlicht. Dass es okay ist, Fehler zu machen. Weil ich immer noch Ja denke. Jeder andere. Ein Kollege hat mal gesagt “Aber andere kriegen das in der Zeit hin, viel schneller.” Das ist nicht hilfreich, weil ich sitze ja jetzt da und ich mache halt diese Fehler. Auf jeden Fall gab es dann genau einen Tag, ohne jetzt zu sehr ins Detail zu gehen, aber es war dann so, dass an dem Tag, an dem der Umzug stattfinden sollte, rief mich dann einer von dem Hosting Unternehmen an und meinte “Ja, haben Sie denn das Paket schon bezahlt?” und ich “Achso… ne.” Was sehr bescheuert klingt, macht Sinn, wenn man den Hintergrund kennt. Wir hatten schon telefoniert und das alles abgemacht. Irgendwie hatte ich einfach noch nicht auf Kaufen geklickt und ich hatte dann sogar noch eine E-Mail geschickt und gefragt “Kann das richtig sein? Bezahlt man das dann im Nachhinein, oder was?” Hatte keine Antwort bekommen und mein Fehler war nicht nochmal nachzuhaken. Dann war es schon wieder so, dass der Umzug abgeblasen werden musste, weil das Paket nicht bezahlt war. Schon wieder ein Ersatztermin, aber das hat dann noch geklappt.

Stefanie: Was aber weniger an deinen Informatiker-Skills lag, sondern mehr Projektmanagement. Alle Bälle gleichzeitig in der Luft halten.

Christina: Ja genau, es war wieder so, dass ich komplett alleine verantwortlich war. Die anderen hatten wirklich zu 100 % andere Dinge zu tun. Ich erinnere mich, beim zweiten Umzug, da hatte ich wirklich, glaube ich, genau 0 % Hilfe, Unterstützung oder einen Sparringspartner. Wenn ich eine Kollegin gehabt hätte, die genau auf meinem Stand gewesen wäre, das wäre alles nicht passiert, vier Augen sehen, mehr als zwei. Man spricht darüber, man sagt “Ach, hast du daran gedacht? Und könnte nicht dies und das passieren?” Das erlebe ich ja jetzt, wie das ist und es ist so, muss ich fairerweise dazu sagen, dass sowohl mein Chef, als auch mein Kollege wussten, dass mir das helfen würde. Die haben beide dann auch gesagt “Christina, wir glauben es wäre besser, wenn du in ein großes Unternehmen kommen würdest oder ein größeres, wo einfach die Unterstützung da ist, die du als Anfängerin brauchst.” Was blöd war, war, dass ich dann abgespeichert habe “Jemand anders hätte das hier geschafft als Junior-Entwicklerin, ich aber nicht.” Ich war zu schlecht und ich brauche sozusagen so übertrieben viel Unterstützung und deswegen muss ich irgendwie woanders arbeiten. Mittlerweile weiß ich, dass es stimmt.

Stefanie: Das Vertrauen, dass man es schafft, ist ja das eine. Wenn einem das von seinem Vorgesetzten gegeben wird, aber wenn das in Überforderung umschlägt, dann muss man auch reflektieren, an der einen oder anderen Form. Ich glaube, nach zwei Jahren war deine Leidenszeit dort beendet.

Christina: Ja.

Stefanie: Wenn man das so sagen kann. Ich weiß nicht, ob du das als Leidenszeit empfindest. Es klingt natürlich alles so lustig, wenn du das so erzählt. Wir können jetzt herzhaft drüber lachen, aber ich bin mir sicher, in dem Moment, wo die Dinge passiert sind, war es überhaupt nicht lustig. Nach diesen zwei Jahren, wie hast sich denn da gefühlt? “Okay, jetzt bin ich ein richtiger Head of IT oder ich bin immer noch da, wo ich angefangen habe?”

Christina: In der Mitte, also Head of IT definitiv nicht, aber ich bin definitiv sehr gewachsen in den zwei Jahren. Vor allen Dingen, weil ich mich selbst beruflich kennengelernt habe und viel besser noch als vorher wusste “Was kann ich gut, was sind meine Stärken, was sind meine Schwächen und was ist mir wichtig in dem Job? Was ist mir wichtig, wie ich einen Job machen will.” Das ist natürlich ein jahrzehntelanger Prozess. Ich werde ja immer mehr dazulernen, aber da hatte ich schon wesentlich bessere Vorstellungen. Da ich war ein bisschen das IT-Mädchen für alles war, habe ich im Programmieren nicht so viel Erfahrung sammeln können in den zwei Jahren und wusste aber, ich möchte jetzt einen Job als Webentwicklerin haben. Ich möchte jetzt nichts mehr mit Hosting machen, nichts mehr mit Google Analytics machen, nichts mehr mit WordPress machen, sondern wirklich programmieren. In den letzten Monaten meines Jobs in den Start-ups habe ich dann abends privat noch mit Unterstützung von außen mich noch mal so richtig auf die Schulbank gesetzt und nochmal mit Node.js, JavaScript ein Projekt gemacht oder mehrere eigene Projekte, da noch mal meine Fähigkeiten vertieft und verbessert, um mich bestmöglich vorzubereiten, weil ich nämlich da schon wusste, ich will unbedingt zu INNOQ zurück. Bei mir ist das auch, wenn ich mir was in den Kopf gesetzt habe, ich habe das relativ bald schon gemerkt. Spätestens ein Jahr nach Berufseinstieg wusste ich “Okay, ich will zu INNOQ zurück.” Das war es eigentlich immer, ich bin ja schon 39, ich habe schon einige Jobs gemacht in meinem Leben und ich habe nie mich in der Firma so wohl gefühlt wie bei INNOQ. Noch nie so viele Freunde gefunden und es stimmt einfach irgendwie alles. Dann habe ich alles auf diese Karte gesetzt und habe mich auch nirgendwo anders beworben, weil ich wusste, das ist alternativlos und es muss klappen. Ich werde jetzt so lange üben, bis ich bei INNOQ einen Job bekomme. Es war wirklich genau so und genauso ist es dann auch passiert. Dann hatte ich mit einem befreundeten Kollegen gesprochen und wir hatten beide das Gefühl, ich bin jetzt bereit. Dann hatte ich mein Vorstellungsgespräch und das ist dann auch gut gelaufen und jetzt bin ich sehr glücklich seit Mai wieder hier.

Stefanie: Okay, erzähl doch mal von deinem Arbeitsalltag jetzt seit Mai 2022, seitdem bist du ja wieder bei INNOQ.

Christina: Genau. Mein Alltag, ich bin drei Tage die Woche im Homeoffice in Bonn und zwei Tage fahre ich in unser Office in Monheim, weil ich es auch sehr genieße, mit Kollegen mich austauschen zu können, zum Thema. Ich bin jetzt seit Einstieg in internen Projekten, bin gerade dabei, eine typische Webanwendung mit zwei Kollegen zu erstellen. Das ist Typescript und Deno-Umfeld, es ist quasi eine App für die Mitarbeiterzufriedenheit. Die gibt es schon länger intern und wir setzen die gerade nochmal neu auf. Dieses interne Projekt hilft mir gerade auch sehr viel zu lernen, viel auch von meinem Kollegen zu lernen, der schon wesentlich mehr Erfahrung hat, als ich und dann demnächst in das erste Kundenprojekt einzusteigen.

Stefanie: Anders als in einem Start-Up bist du erstmal in einer Umgebung, wo du durchaus lernen darfst und Feedback bekommst zu dem, was du tust.

Christina: Ja, es ist wirklich ein Unterschied, wie Tag und Nacht. Das sind die zwei Extreme, die sich da gegenüberstellen. Als ich bei INNOQ angefangen habe, war ich so völlig irritiert, wie organisiert alles war, weil ich dann erst mal vom Backoffice E-Mails bekommen habe, alles wurde für mich gemacht. Ich habe den Laptop bekommen, alles völlig neu für mich. Dann habe ich auch einen Mentor bekommen, mit dem ich am Anfang sprechen konnte. Das bekommen bei uns alle neuen Kollegen. Ich kannte natürlich die Firma schon, aber trotzdem ist es als Consultant noch mal was anderes als Studentin. Da gab es schon einiges, was ich noch kennenlernen durfte. Jetzt ist es so, dass ich wirklich unter vier Augen ganz viel über Programmieren lerne und auch gleichzeitig in meinem internen Projekt eine Sparringspartnerin habe, die Alexandra. Die macht bei uns ein Praktikum und mit der kann ich mich auch super austauschen. Von Fall Principsl bei uns kann ich eben viel lernen, also ich bin perfekt, die Fürsorge ist perfekt jetzt. Ich merke, dass es dadurch auch sehr steil bergauf geht, klar kann man sich wissen angooglen und es ist als Entwickler auch wichtig. Man kann natürlich nicht alles jemanden fragen, im Internet, Sick Overflow, da gibt es viele Infos. Aber das kann nicht ersetzen, dass du eine spezielle Frage hast und jemanden fragt und der erklärt dir das gerade und dann weißt du es für immer.

Stefanie: Es gibt ja auch verschiedene Lerntypen, der eine ist eher der Selbstlerner und erschließt sich gerne alles selbst und der oder die andere wiederum tauscht sich gerne mit Kolleginnen oder Expertinnen aus. Da gibt es ja durchaus verschiedene Typen. Ich bin auch keine begnadete Selbstlernerin, muss ich zugeben

Christina: Ja, das kann ich gut verstehen. Ich hatte auch damals überlegt, ob ich mir das Studium sparen soll, weil das natürlich viel Zeit kostet und mich auch viel Geld gekostet hat und einen Quereinstieg wage. Ich bin wirklich froh, dass ich es nicht gemacht habe, weil ich eben auch doch nicht so die die Autodidaktin bin. In manchen Sachen schon mehr, aber nicht beim Programmieren. Ich will gar nicht sagen, dass es nicht andere Anfänger geben würde, die in so einem Start-up besser zurechtkommen würden. Das gibt es ganz bestimmt, aber für mich war das in mehreren Hinsichten nichts.

Stefanie: Du hast das ja schon gesagt, die Zeit in diesem Start-up, die zwei Jahre, das war jetzt keine vergeudete Lebenszeit, sondern du hast da ganz viel über dich gelernt. Was sind denn so die größten Lessons oder was würdest du vielleicht auch Frauen oder Menschen allgemein raten, wenn die aus so einer Umgebung kommen? Worauf soll man denn achten, wenn man als Alleinkämpfer in einem Unternehmen ist? Vermutlich recht schnell darauf hinweisen, wenn man was nicht kann, die rote Flagge heben.

Christina: Was ich definitiv sagen würde. Wenn ich das jetzt noch mal machen müsste, ich würde diesen Hosting-Umzug nicht mehr machen. Ich würde mich einfach weigern und ich würde es vor allen Dingen auch nicht freitags machen. Wirklich auf das Bauchgefühl, auf die Intuition hören. Und wenn man eben weiß, das ist jetzt sehr wichtig und ich kann dafür die Verantwortung nicht übernehmen, dann einfach darauf beharren. Dann sind halt alle sauer, aber so sind ja auch alle sauer gewesen. Das dann einfach auch aushalten, dass andere Menschen das vielleicht nicht immer toll finden, was man so macht. Wirklich sich klar machen, dass man bestimmte Dinge einfach selbst am besten einschätzen kann. Ich glaube, die eigene Kompetenz gehört da schon dazu. Viele neigen zum Impostor-Syndrom, ich bin davon nicht ausgenommen und manchmal ist es wichtig, sich mehr zuzutrauen, aber manchmal eben auch nicht. Wenn alles in einem Nein sagt, dann ist es auch Nein.

Stefanie: Genau, dann ist die innere Stimme tatsächlich etwas wert, beziehungsweise die zählt. Die hat nicht ganz unrecht in dem Fall.

Christina: Ja, auf jeden Fall. Was auch sehr wichtig ist, dass man sich klarmacht, wenn man aus dem Informatikstudium kommt, dann kann man nicht alles. Das ist normal, dass man das nicht alles kann und das ist normal, dass man die Praxis im Berufsalltag sammeln muss. Es ist normal, dass man am Anfang als Berufsanfängerin irgendwie nichts weiß. Das ist okay, das zu lernen und es ist auch okay dafür 2, 3, 4 Jahre zu brauchen. Gut, bis man im Programmieren Praxis bekommt, das höre ich jetzt selber ständig, das dauert zehn Jahre oder länger. Ich finde es gefährlich, wir versuchen ja immer alle Frauen in die IT zu bekommen und es wird viel kommuniziert “Das ist eigentlich gar nicht so schwierig und du kannst einfach nur dieses Bootcamp machen, drei Monate, dann kannst du als Entwicklerin anfangen.” Und ich weiß von mir und von vielen Gesprächen mit anderen Frauen, dass es dann ganz viel Unsicherheit auslöst, weil man dann denkt “Ja, wieso kann ich das denn jetzt noch nicht nach drei Monaten? Dann bin ich wohl nicht talentiert genug.” Aber die Kollegen, die teilweise seit sie sechs sind, programmieren und super viel ihrer Freizeit darin investieren, die sind dann besser, weil die einfach zehntausende Stunden mehr investiert haben. Wenn man selbst das macht, dann ist man halt auch an dem Punkt.

Stefanie: Das kann man so schnell nicht aufholen, diesen Wissensvorsprung und vor allem auch die sichere Anwendung, das Handwerkszeug. Die Theorie, dass theoretische Wissen, wie etwas funktionieren sollte, ist das eine, aber dann wirklich pro Fall auch richtig anwenden, das ist wahrscheinlich noch mal was anderes.

Christina: Ja genau, du musst wirklich üben, üben, üben. Das ist was, was ich leider während des Studiums nicht genug gemacht hab und deswegen eben jetzt sehr investiere. Es ist auch wirklich wichtig, das muss ich auch immer noch lernen, zu sagen, wenn man irgendwas nicht versteht. Ich sage jetzt man, weil ich weiß, dass es super vielen so geht, dass man sich dann nicht traut, das zu sagen und dann denkt “Dann muss ich das jetzt irgendwie gerade noch so kaschieren und dann google ich es und dann verstehe ich es.” Gestern habe ich mehrere Stunden investiert, um einfach eine Funktion zu verstehen und habe dann geschrieben “Okay, ich verstehe es nicht, ich verstehe es einfach nicht.”

Christina: Und dann meinte er “Ja, es ist es kein Problem, lass uns doch noch mal zusammen drüber gucken und jetzt musst du aber dranbleiben Christina, du musst einfach dieses Handwerk beherrschen lernen. Das ist normal und mach einfach weiter.” Das gab es ja gar nicht in der Start-up Zeit, das wäre wirklich Gold wert gewesen. Weil ich schon merke, dass Nicht-Informatiker sehr dazu tendieren oft, ich will nicht pauschalisieren, zu unterschätzen, was dahinter steckt. Weil die dann denken “Ja, aber dann machst du doch mal einfach das.” Und wenn ich dann mit Informatikern rede, dann sagen die alle “Nein, dann machst du nicht mal einfach das. Es ist normal, dass etwas schiefgeht.” Ich wurde zum Beispiel im Startup immer gefragt “Diese Aufgabe, bis wann hast du die fertig?” Und ich so “Keine Ahnung, zwischen drei Stunden und einer Woche.” "Wieso kannst du es nicht besser sagen? Ich kann das nicht besser sagen, als Informatiker weiß man, schon beim Setup geht meistens irgendwas schief. Man hat einfach nie das, was man will und es nervt.

Stefanie: Hinzu kommt noch, dass es sowieso das Schwierigste überhaupt ist, Zeitaufwände abzuschätzen und schon gar nicht, wenn man nicht den ganzen Scope versteht.

Christina: Ja, genau, das ist ein gutes Stichwort. Genau das war nämlich auch mein Problem.

Stefanie: Genau, wir haben ja nicht nur darüber geredet, was schief gegangen ist, sondern tatsächlich auch, was die Learnings daraus waren. Das haben wir schon gesagt, ist ganz wichtig. Von daher hoffe ich, dass wir hier auf einer positiven Note aus diesem Podcast rausgehen. Ich denke, jede oder jeder kann sich damit identifizieren, was dir da passiert ist. Jeder hat schon mal so einen Fehler erlebt. Cool, dass ich mit dir so locker darüber sprechen konnte, hat man nicht mit jedem.

Christina: Ja, ich versuche das tatsächlich auch jetzt noch stärker zu machen. Bei meinem Vortrag war ich noch unsicher, ob ich wirklich sagen soll, was ich alles kaputt gemacht habe in meinem vorigen Job, weil ich dachte, dann will mich niemand mehr im Projekt haben.

Stefanie: Interessanterweise kamen danach ganz viele Meldungen, bei mir ist das schief gelaufen, ich habe das gelöscht, ich habe das und das zerstört. Jeder kennt diese Geschichten und hat diese Erfahrungen gemacht.

Christina: Das ist wirklich auch etwas, was ich echt auch noch mal sagen möchte. Es ist so wichtig. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es immer hilfreich ist, sozusagen “Schwächen zu zeigen”, in Anführungsstrichen. Dass man wirklich sagt, was schief gegangen ist, sagt, was man nicht kann, weil das schafft Verbindungen zu anderen Menschen. Ich würde mir wünschen, dass wir alle offener darüber reden würden, das haben mir so viele Kollegen rückgemeldet, dass sie sich das auch wünschen würden, dass wir einfach diese Fehlerkultur noch mehr leben. Das ist ja in unserer Gesellschaft auch generell nicht so gern gesehen. Eigentlich sollte immer alles direkt klappen, das ist aber nicht die Realität. Dadurch verschlimmbessert man es oft noch. Das will ich auch noch mal sagen, also die Zeit, ich bin total glücklich, dass diese Zeit war, dass ich diese Erfahrung machen durfte. Das Team war wirklich super und sehr warmherzig. Dadurch, dass es nur wenige Menschen waren. Immer alle so bemüht, unser Unternehmen durch diese Corona Pandemie zu kriegen. Ich hoffe, dass sich die IT-Situation verbessert hat.

Stefanie: Für dich hat sich die Situation auf jeden Fall verbessert.

Christina: Genau, für mich hat sie sich sehr verbessert, ja.

Stefanie: Christina, vielen Dank für das Gespräch. Ich gehe jetzt mit einem Lächeln in den Nachmittag, es ist jetzt kurz nach zwölf. Vielen Dank, dass du da warst. Ich hoffe, den Zuhörerinnen und Zuhörern hat es auch gefallen. Und ich sage Tschüss, bis zum nächsten Mal.

Stefanie: Ja. Danke für die Einladung, tschüss!