Transkript

Women in Tech: Hanna

Kreativität und Softwareentwicklung – Passt das zusammen?

„Wenn ich Leuten versuche zu erklären, was ich mache, sage ich, das ist wie ein Computerspiel. Man hat Ziele und ganz viele Möglichkeiten, da hinzukommen und man kann immer wieder neu anfangen. Das finde ich total schön als Arbeit“. Dass Hanna heute Softwareentwicklerin und Consultant bei INNOQ ist, erscheint, rückblickend betrachtet, logisch. Und doch hatte sie nach der Schule erstmal andere Pläne. Warum das so war, wie es letztlich anders kam und was Programmieren mit Kreativität zu tun hat, das erzählt Hanna in dieser Ausgabe des INNOQ Podcasts.

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Transkript

Stefanie:

Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe des INNOQ Podcasts heute mit mir, Stefanie, und meiner Kollegin Hanna. Hallo Hanna!

Hanna:

Hallo!

Stefanie:

Wir sprechen heute ja tatsächlich über nichts Fachliches oder fast nichts Fachliches. Ganz werden wir da vermutlich nicht drum rumkommen, aber in erster Linie soll es heute tatsächlich um dich gehen, und zwar darum, wie bist du überhaupt zur IT gekommen und welche Erfahrungen hast du gemacht, was machst du gerade schwerpunktmäßig und was bewegt dich sonst so.

Bevor wir gleich loslegen, nur ganz kurz ein paar Worte dazu, warum wir das hier machen. Es ist ja leider so, dass Frauen neben anderen Gruppen ja immer noch unterrepräsentiert sind in technischen Berufen. Auch oder gerade in der IT. Und bei INNOQ ist es aber so, dass wir ganz viele tolle Kolleginnen haben und ich habe mir überlegt, ich möchte euch diese Kolleginnen hier einmal vorstellen, hier im Podcast als eine Art Serie, Women in Tech INNOQ Edition. Ja, ich freue mich einfach auf ganz viele spannende Geschichten und Lebensläufe und hoffe, dass wir damit Mädchen und Frauen da draußen inspirieren können.

So, jetzt habe ich ganz schön viel gequasselt, es soll aber vor allem um dich hier heute gehen, Hanna. Magst du mal ein paar Worte zu dir sagen? Ich habe ja schon verraten wir sind Kolleginnen, machen aber ganz verschiedene Sachen. Was machst du denn so?

Hanna:

Hallo auch von mir. Mein Name ist Hanna Prinz, ich bin Senior Consultant bei INNOQ und ich mache vor allem Softwareentwicklung. Das ist vielleicht auch mal ganz gut zu erwähnen, dass man auch als Consultant Code schreibt. Also wir werden auch später noch über Berufsfelder sprechen, aber das hätte ich auch nicht gedacht, weil Beratung klingt immer so nach Anzug und Krawatte, also Krawatte ist vielleicht für Frauen nicht so üblich.

Stefanie:

Das Kostüm.

Hanna:

Ja, das Kostüm habe ich tatsächlich noch nie gehabt. Gott sei Dank. Genau, ich mache Softwareentwicklung, aber auch Beratung. Also Kunden kommen zu uns und haben Fragen. Ich beantworte die soweit ich kann. Und ich habe auch Workshops gemacht oder Vorträge gehalten auf Konferenzen. Ich habe so das Glück gehabt, dass ich alles mal gesehen habe, was wir so bei INNOQ auch generell machen und arbeite gerade aber in der Softwareentwicklung, also als Programmiererin in einem Projekt.

Stefanie:

Das ist ja ganz faszinierend, weil wir hatten uns vorher unterhalten und dabei hattest du gesagt, dass du, bevor du deinen Schulabbschluss gemacht hast, dass du ja gar nichts mit Computern am Hut hattest bzw. du konntest dir gar nicht vorstellen, beruflich mal was damit zu machen. Warum denn eigentlich gar nicht?

Hanna:

Ja, also so rückblickend ist das eigentlich seltsam, dass mir das nicht früher eingefallen ist, dass ich das machen könnte, weil ich habe mich schon immer interessiert. Also ich habe fünf Schwestern und ich bin von den fünfen diejenige, die am meisten am Computer gehangen hat. Allerdings ist es so, ich hatte halt nie super Equipment. Also ich hatte halt immer so einen Rechner, der alt war, von meinen Eltern, da konnte man immer nicht so super viel machen. Und dann hatte ich halt auch diese ganzen Schwestern, die auch mal ran wollten und also ich hatte da schon Interesse für, aber es hat sich dann nicht so ausgeprägt und ich habe auch immer gerne so gestalterisch kreative Sachen gemacht. Ich habe jetzt auch nicht so diesen klassischen Mathe-Faible, also was heißt klassisch, ich hatte überhaupt keinen Mathe-Faible. Ich hatte, glaube ich, fünf Punkte am Ende meiner Schulzeit. Also es war wirklich nicht mein Ding. Und dann denkt man halt irgendwie so, naja gut, ich sitze gerne am Rechner und mach da Zeug so, aber dann denkt man, ja gut, ich müsste wahrscheinlich besser in Mathe sein, um dann einen Beruf daraus zu machen oder so. Und ich habe mich dann eher für so gestalterische Dinge interessiert. Ich wollte eigentlich Kommunikationsdesign studieren und habe ja schon erzählt, ich hatte fünf Punkte in Mathe, die anderen Fächer waren auch nicht so ganz super und dann habe ich halt einen Studienplatz nicht in dem Bereich gefunden. Glücklicherweise, wie ich jetzt sagen kann, und habe dann halt gesehen, okay es gibt Medieninformatik und dann habe ich gesagt, okay gut Medien, so ein bisschen das, was ich machen will. Informatik ja gut, bekomme ich vielleicht hin und dann habe ich das Studium angefangen in Berlin, an der Technischen Hochschule Berlin und dann hat sich sehr schnell gezeigt, dass diese technischen Dinge doch sehr wohl was für mich sind.

Stefanie:

Wenn ich da kurz einhaken darf: tatsächlich erst im Studium? In der Schulzeit hättest du gar nicht gedacht, okay, das ist doch voll mein Ding, weil du gar nicht damit in Berührung gekommen bist? Zumindest so im Detail?

Hanna:

Ja, es gab da so freiwillige Informatik AGs, da war ich auch drinnen. Das ging auch ganz gut, aber das war eher so spielerisch. Also ich finde es auch wirklich bis heute sehr schade, dass es kein Informatik Plichtmodul gibt, weil man findet das vielleicht gar nicht heraus. Also ich hatte halt so ein bisschen Berührung damit, aber ich habe das gar nicht so super ernst genommen, weil ich dachte, na ja, es ist halt so eine AG. Also so, vielleicht hat das nichts zu tun mit dem Beruf dann später oder so. Wie es rückblickend ist, ist es eigentlich ziemlich offensichtlich, aber damals habe ich das gar nicht so gesehen.

Stefanie:

Ich kann mich noch erinnern damals, gut ich habe wahrscheinlich ein paar Jahre vor dir Informatik AG gemacht oder Unterricht gehabt in der Schule, das war ja in erster Linie, wie ich mit Office Programmen umgehe. Also weiter ging das gar nicht. Also mir persönlich, ich kann mich nicht erinnern, dass ich mal so Vorbilder hatte. Berufe in der IT, was sowieso niemand gemacht hat und zweitens, dass ich auch keine Vorstellung hatte, was das überhaupt ist Softwareentwicklung. Ging dir das auch so?

Hanna:

Das was ich so gedacht habe, ist vor allem halt aus diesen Stereotypen entstanden, was man so in Filmen und irgendwie aus Fotos…

Stefanie:

Wie du im Keller sitzt und wie wild auf der Tastatur rumkloppst?

Hanna:

Ja, wirklich. Ich habe gestern erst eine Serie gesehen und das erste, was die Programmiererin da gemacht hat, es war eine Frau immerhin, aber das erste, was sie gemacht hat, ist, sie hat sich den Kapuzenpulli über den Kopf gezogen und in einer atemberaubenden Geschwindigkeit was runter getippt.

Stefanie:

Und das ist dann auch noch etwas, was sofort funktioniert hat.

Hanna:

Ja, wirklich. Und es hat dann kompiliert und das Kompilieren hat länger gedauert als das Coden, was auch total, also es war einfach alles seltsam, aber viele denken das halt. Und es war auch nachts, sie saß da auch alleine und das hat überhaupt nichts mit dem Beruf zu tun. Und das dachte ich halt auch und das wollte ich halt nicht machen und es sieht halt auch immer so super, so Rocket Science mäßig aus. Also auch so ein bisschen, das können halt nur die, die krass sind.

Stefanie:

Genies.

Hanna:

Genau!

Stefanie:

Okay, du hattest dich ja für Kommunikationsdesign entschieden, weil du was Kreatives machen wolltest. Wie würdest du das denn heute sehen? Ist Softwareentwicklung etwas, was mit Kreation zu tun hat, also etwas Kreatives oder ist das was ganz anderes?

Hanna:

Ja, also ich persönlich finde das schon. Ich finde da auch viel Ästhetisches drinnen in einem schönem Code. Es gibt so ein paar Dinge, die einen dann auch so auffallen von der Struktur, das klingt jetzt glaube ich ein bisschen für Leute, die noch nie ein Code geschrieben haben, klingt es vielleicht ein bisschen seltsam, aber diese ganzen Möglichkeiten, die man hat, wenn man Code schreibt, also das ist eine wahnsinnige Freiheit und man kann mit dieser Freiheit auch wahnsinnig tolle Sachen machen, die einem dann auch so als Gesamtkunstwerk total gefallen. Also von einer Architektur zum Code gibt es halt einfach viele Entscheidungen, die man treffen muss. Und natürlich ist es nicht so dieses Visuelle, natürlich am Ende kommt bei der Userin, beim User irgendwas an, also am Ende ist es schon irgendwas visuelles, aber im Alltag sieht man das nicht immer, aber trotzdem ist es, finde ich, eine sehr kreative Aufgabe. Also es ist auch weit weg davon, von dem was man leider in der Schule auch oft macht, irgendwelche Algorithmen zu implementieren. Ich implementiere in meinem Alltag keine Sortier-Algorithmen oder so, sondern es sind sehr viel komplexere Dinge, die aber genau deshalb auch Spaß machen. Und für mich, wenn ich das Leuten versuche zu erklären, was ich mache, also auch so Kindern zum Beispiel, sage ich denen, dass ist halt wie ein Computerspiel. Also man hat Ziele und man hat ganz viele Möglichkeiten, da hinzukommen und man kann halt immer wieder neu anfangen. Es ist so, man hat diese ganz kurzen Feedback Schleifen, man kompiliert etwas, was wie gesagt, nicht so lange dauert und hat ein Ergebnis. Und das finde ich halt total schön als Arbeit, weil man halt nicht erstmal ein Auto zusammen planen und bauen muss und dann erst sieht okay, so sieht es aus, sondern man hat halt sehr viel mehr Dynamik da drinnen. Genau, das finde ich sehr schön.

Stefanie:

Du sagtest ja, Mathe war überhaupt nicht dein Fach in der Schule oder überhaupt Naturwissenschaften und ich glaube schon, dass das so die Denke ist. Wenn ich Informatik studieren will oder eine Ausbildung in dem Bereich machen möchte, dann muss ich in dem Bereich versiert sein. Wie war denn das, konntest du das dann aufholen, lernen oder brauchte man das gar nicht? Wie hast du das erlebt?

Hanna:

Ein gutes Thema, weil das ist wirklich etwas, was ich häufig antreffe, wenn ich vor allem mit Kindern rede. Dann sagen die, nein Informatik, ich bin nicht gut in Mathe, das kann nichts werden. Und das finde ich super schade. Ein kleiner Disclaimer: Es gibt natürlich Jobs, wo man Mathe braucht in der Informatik, aber es gibt genauso Jobs, wo man irgendwelche anderen Dinge braucht, die vielleicht nicht beigebracht werden, irgendwelche fachlichen Kontexte, irgendwelche Biologie oder Medizin. Also ich bin der Überzeugung, ein logisches Denken braucht man schon. Es ist ja so ein bisschen verwandt mit Mathematik, aber für mich ist es überhaupt nicht das gleiche. Und man braucht halt so ein bisschen das Interesse dafür, das zu verstehen und auch dran zu bleiben. Wer zum Beispiel merkt, bei Kleinigkeiten technischer Art, dass man da schon keine Geduld hat oder so, was im Betriebssystem zu konfigurieren. Das ist vielleicht für mich eher ein Zeichen dafür, ob Informatik was ist oder nicht, mehr als Mathe. Und das finde ich halt super schade und nicht nur, dass man glaubt, dass das eine Voraussetzung ist, sondern dass es auch im Studium tatsächlich oft das Filter Fach ist. Da wo viele dann daran scheitern, was eigentlich unnötig ist, aus meiner Sicht.

Stefanie:

Das heißt, Mathe spielt schon eine große Rolle im Studium? Oder in deinem Studium?

Hanna:

Ja. Also in meinem Studium hatte ich dann auch viele Mathe Kurse, ohne irgendwelche Probleme. Da hatte ich überhaupt keine Probleme mehr mit Mathe komischerweise. Hängt vielleicht auch so ein bisschen am Lehrpersonal manchmal. Genau, und häufig wird dann halt gesiebt. Das war bei mir jetzt zum Glück nicht so, dass Mathe so super hart war, damit möglichst viele Leute da zeigen müssen, was sie können. Aber ich glaube schon, dass das häufig so ist leider. Und was noch ein bisschen mit dazu kommt, finde ich ist, dass die jungen Menschen, also die Jugendlichen, dass die zu einem Zeitpunkt eine Entscheidung treffen für ihre Berufswahl, die jetzt vielleicht nicht so ideal ist, um solche Entscheidungen zu treffen. Also wie gesagt, mein Zeugnis war wirklich schlecht. Es hatte aber glaube ich nicht so wirklich was mit mir zu tun, sondern einfach, dass man in dem Alter manchmal ganz viele andere Dinge hat, mit denen man sich beschäftigt. Und dann irgendwie da von den Noten und den Interessen auf den Beruf zu schließen, ist manchmal nicht so sinnvoll und das weiß man aber nicht.

Stefanie:

Das weiß man dann zehn Jahre später. Zumindest ist das so meine Erfahrung, dass man mit 18 oder wie alt ist man wenn man Abitur gemacht hat? Ja, das ist so schwer sich zu entscheiden, aber ich glaube, wovon man sich auch so ein bisschen frei machen muss, ist der Gedanke, dass man einen Weg das ganze Leben lang durchgeht. Es ist ja auch okay, dann irgendwann mal abzuzweigen und zu sagen: Okay, das war jetzt nichts, ich mache was anderes. Das ist ja das, was ich mit Frauen in der IT auch oft erlebe, dass die das auch erst im zweiten Anlauf so machen, dass die vorher was anderes gemacht haben und sich noch mal umorientiert haben. Das finde ich auch ganz spannend.

Du hast Medieninformatik in Berlin studiert, wie war das im Studium? Warst du da allein unter Männern oder war das eher ein diverses Umfeld? Wie war das?

Hanna:

Ich glaube, es war relativ durchschnittlich für ein Informatikstudium, so vom Frauenanteil her. Ich glaube, wir waren so ungefähr bei 20, 25 Prozent. Was ich auch gedacht hätte, dass es mehr wäre bei Medieninformatik, aber tatsächlich habe ich mich da so als Frau da nie irgendwie alleine oder anders gefühlt. Wir hatten eine ziemlich gute Zusammenarbeit, eine gute Community und die Lehrpersonen da waren auch, liebe Grüße an der Stelle, das war auch alles sehr freundlich und sehr unterstützend. Also es war einfach eine tolle Umgebung, um zu lernen. Und ich habe da ehrlich gesagt, bis ich mal auf einer Konferenz war und einen Workshop mit 20 Männern im Publikum gegeben habe. Da war der erste Moment, wo ich dachte, das ist schon gerade ein bisschen seltsam. Also ehrlich gesagt, bis dahin habe ich immer gedacht, naja, es gibt halt Männer und Frauen. Frauen sind bisschen weniger. Ist komisch, aber ich habe das nicht als negativ empfunden, ehrlich gesagt. Und da auch jetzt nicht unbedingt negativ, aber da habe ich gedacht: nein, das finde ich irgendwie auch nicht toll.

Stefanie:

Es verändert sich ja gerade, aber trotzdem wir haben das ja eingangs gesagt, Frauen sind halt immer noch in der Minderheit. Wir versuchen das zu ändern, indem wir ein paar gute Beispiele geben oder versuchen, ein Vorbild zu sein. Was müsste sich denn ändern, dass mehr Frauen einsteigen in den Beruf?

Hanna:

Also ich glaube, man muss diese Stereotypen, die man so im Kopf hat, da muss man was gegen machen. Vielleicht ist das, was wir machen, auch genau das Ding, das ich halt sage: Nein, man sitzt nicht im Keller und isst Pizza und coded in irgendeiner wahnsinnigen Geschwindigkeit was runter. Und ja, vielleicht muss man auch mal in einem anderen Kontext darüber reden, also das ist hier ein IT-Podcast und ich würde mir wünschen, dass das auch in Schulen zum Beispiel anders mal dargestellt wird oder vielleicht wissen die Eltern manchmal auch gar nicht so, was das für ein Beruf ist und dann sagen sie auch vielleicht nein, das ist nichts für einen oder so. Genau, ich glaube einfach mehr darüber reden ist das einzige, was man so richtig machen kann. Es ist ja nicht so, dass man fifty-fifty hat im Studium und dann sich das so verteilt, also dass da viele abwandern, sondern es passiert davor und es sagt mir halt, dass sich die Menschen in einem sehr jungen Alter entscheiden oder dagegen entscheiden, die Frauen aber auch, um das auch mal an der Stelle zu sagen. Ich glaube auch, dass viele Männer oder viele nicht Frauen, sich gegen IT entscheiden aus den falschen Gründen. Also das auch vielleicht Männer, die nicht gut in Mathe sind, denken: Nein, ich bin wahrscheinlich nicht so für Informatik bestimmt. Und für die würde ich mir auch wünschen, dass sie einfach ein bisschen besser wissen, was das für ein Beruf ist.

Stefanie:

Das ist ein ganz gutes Stichwort. Es geht ja um Repräsentanz oder auch um Mentoring. Zum Stichwort Repräsentanz: Du bist ja recht aktiv, was Vorträge angeht und du hast glaube ich auch ein paar Artikel geschrieben hier. Das ist ja ganz wichtig, dass das andere Entwicklerinnen oder Consultants auch sehen. Guck mal, da sind andere so wie ich.

Hanna:

Ja, das denke ich auch.

Stefanie:

Das ist glaube ich auch das Coole bei INNOQ, dass egal ob Mann oder Frau oder was auch immer, man hat ja die Möglichkeit da rauszugehen und zu zeigen, was man halt auch allein fachlich drauf hat. Dann gibt es halt auch keinen Unterschied zwischen Mann und Frau.

Außerdem bist du ja auch recht aktiv was Mentoring angeht. Kannst du darüber mal was erzählen?

Hanna:

Ja, also man kann das gerade nicht ganz so gut machen, gerade wegen Corona und weil die Schulen teilweise auch geschlossen waren und so weiter, aber in der Vergangenheit war ich mal in Schulen. Es gibt in Berlin diesen Berliner Schulpaten und da gehen Menschen aus unterschiedlichen Berufen in 5. Klassen und stellen sich den Kindern für Fragen zur Verfügung. Und das sind auch Brennpunktschulen, also das ist auch genau dafür da, damit die Kinder, die vielleicht nicht so viel Kontakt haben zu Berufen, die nicht so vertreten sind in den Stadtteilen, dass die auch mal Kontakt bekommen oder Fragen stellen können zu Berufen mit denen sie halt nicht in Kontakt gekommen sind. Und das ist total schön, auch aus meiner Sicht, weil ich sehe dann auch, was die für eine Vorstellung haben und was die für Fragen haben. Also mir macht das tatsächlich auch Spaß und mir hätte das als Kind wirklich auch viel geholfen, weil ich war auch selber in einer Brennpunktschule und da ging es vor allem darum, dass man die Klasse besteht und ich habe mir ehrlich gesagt nie so richtig Gedanken um Berufe gemacht, sondern nur um das nächste Zeugnis. Also gut, so schlecht war ich auch nicht in der Schule, um das mal kurz zu sagen, aber es war halt schon immer so, dass man nicht so diesen Fokus hat: Was will ich mal werden? Sondern okay, ich muss jetzt hier für diese Klassenarbeit lernen. Genau, das finde ich wichtig, dass die Schüler und Schülerinnen auch Kontakt haben zu Berufen.

Stefanie:

Genau, dass sie eine Vorstellung davon haben, was es da alles draußen gibt. Es gibt halt nicht nur Lehramt, Medizin also diese klassischen Berufe. Ich habe Geisteswissenschaften studiert, von daher, alles was einen Beruf hinterher hat, ist für mich klassisch.

Genau, was sagtest du, wie lange bist du schon bei INNOQ mittlerweile?

Hanna:

Das weiß ich so genau aus dem Kopf gar nicht, also so drei Jahre, denke ich. So ungefähr.

Stefanie:

Und dein Schwerpunktthema ist Infrastruktur und Service Mesh.

Hanna:

Das ist weit weg von Gestaltung.

Stefanie:

Ja klingt so nach, keine Ahnung, ich möchte jetzt keine Klischees bedienen, aber so nach Maschinenraum Arbeit. Was ist das genau und was reizt dich daran?

Hanna:

Im Alltag mache ich gerade auch Programmierung. Es hat auch nicht so unbedingt mit Infrastruktur zu tun, aber Infrastruktur ist das, was ich als Schwerpunkt so gemacht habe bisher. Und jetzt darf ich das halt so mit normaler Programmierung auch verbinden. Also Infrastruktur ist alles das, was man braucht, um eine Software am Laufen zu halten in diesem Internet, wo die ganze Software heutzutage eigentlich läuft und es geht viel um Stabilität, aber auch, dass man, wenn man einen Code schreibt, dass das, was man da schreibt, möglichst schnell auch beim Kunden ankommt. Und das klingt jetzt relativ simpel, aber es ist tatsächlich ein riesen Ding in der IT. Das halt elegant, schnell und auch verständlich, nachvollziehbar hinzubekommen, dass man auch nachvollziehen kann, welche Änderung ist denn jetzt eigentlich gerade live gegangen. Also irgendwie bin ich in meinem ersten Job in einem Startup damals, bin ich damit in Berührung gekommen und fand es einfach toll, weil diese Automatisierung ehrlich gesagt, das triggert halt das Belohnungssystem so toll. Man macht was und man gibt sich Mühe und dann arbeitet man ein paar Tage daran und dann hat man so einen Prozess, der davor super kompliziert war, hat man einfach so total schlank gemacht und total schnell hinbekommen, dass der schnell ausführbar ist. Und das hat mir so total gut gefallen diese Automatisierung und da bin ich dann daran hängengeblieben und habe mich dann halt auch mit so aktuellen Themen wie Service Mesh zum Beispiel in dem Bereich beschäftigt und da gibt es auch immer mehr. Also es ist sehr unerschöpflich, dieser Bereich.

Stefanie:

Was sind denn Service Meshes?

Hanna:

Das ist jetzt aber im abstrakten Level schwer zu erklären. Ich probier es mal, wenn man sich vorstellt, man hat verschiedene Software Elemente. Also man baut eine Software, nicht in einer kompakten Einheit, sondern verteilt den Code auf verschiedene Einheiten und es gibt immer etwas, was diese Einheiten auch gleich machen müssen, ich sage mal bestimmte Features, die man eigentlich immer wieder neu programmiert für jede dieser Einheiten. Jetzt sind wir wieder beim Thema Automatisierung, das im Service Mesh automatisiert diese Dinge, die man sonst immer einzeln hinzubauen muss, automatisiert das halt weg, sodass man sich mehr fokussieren kann auf, was will ich eigentlich für meine User und Userinnen machen und weg von, ich muss jetzt noch hier XY einbauen, weil das für unsere Infrastruktur, also für so allgemeine Dinge wichtig ist. Das ist halt genau das Thema, dass man Dinge schlanker macht, automatisiert.

Stefanie:

Spannend. Zu dem Thema hast du ja auch schon diverse Vorträge gehalten und Artikel geschrieben, ist also wirklich dein Steckenpferd.

Und du bist vor kurzer Zeit Mutter geworden. Können wir auch mal erzählen, wir hatten das eingangs ja schon erwähnt. Und du hast dich entschieden, recht früh auch wieder in den Job zurückzukommen und auch ein ganz spannendes Elternzeit-Modell zusammen mit deinem Partner zu machen. Magst du mal erzählen, wie du das machst?

Hanna:

Also der ist jetzt acht Monate alt. Das heißt also nicht mehr so super klein. Ich bin zurück in den Job, da war der dreieinhalb Monate alt. Man weiß nie, wenn man nicht selber ein Kind hat, hat man keine Ahnung, kann man sich nicht vorstellen, wie es wird. Und es war halt auch so ein bisschen so ein Pokern. Ich habe gedacht, okay, ich möchte eigentlich schon wieder zurück in den Job, weil ich den auch mag und weil ich mir nicht sicher war, ob ich wirklich den ganzen Tag für einen längeren Zeitraum Baby machen möchte, ehrlich gesagt. Also man weiß es wirklich nicht. Jetzt sind wir beim Thema Medien und Stereotypen, man stellt es sich so vor, dass man nichts anderes tun möchte, aber zumindest was mich angeht, habe ich dann schon schnell gemerkt, okay, also diese vier Stunden Arbeit, die ich jeden Tag arbeite, das ist halt auch Zeit für mich, so unter Erwachsenen und dann kann ich ja wieder zurückgehen, dann ist wieder das andere.

Stefanie:

Als Mutter von drei Kindern kann ich das tatsächlich voll nachvollziehen. Ich brauche auch mal Zeit für mich. Auch wenn das Arbeit bedeutet.

Hanna:

Ja, genau. Ich glaube, wenige Leute sprechen darüber. Also ich habe auch mit werdenden Müttern gesprochen, und die haben mich so ein bisschen verwirrt angeschaut, als ich gesagt habe, es ist auch mal schön, halt nicht nur das Baby zu haben, weil die das glaube ich auch irgendwie nicht so erwarten. Und es gibt sicherlich auch Frauen, die nicht sofort wieder arbeiten wollen.

Stefanie:

Genau, das ist ja nur ein Modell. Es gibt verschiedene und jedes Modell hat seine Berechtigung.

Hanna:

Auf jeden Fall. Aber vielleicht noch mal kurz, wie wir das machen. Ich habe ja schon ein bisschen was gesagt. Ich teile mir meine Arbeitszeit mit meinem Partner, also fifty-fifty. Wir arbeiten zusammen 40 Stunden, aber in unterschiedlichen Firmen. Also nicht, dass wir uns eine Stelle teilen. Er ist aber auch Informatiker, weshalb wir das auch so machen können, ehrlich gesagt. Und der eine arbeitet halt vormittags vier Stunden und der andere nachmittags. Wir haben dann eine Stunde Übergabe mit Essen. Und das machen wir halt jetzt die ersten ungefähr anderthalb Jahre. Also wir ziehen das halt ziemlich lang, die Elternzeit und teilen uns die halt auf. Und ich habe das Modell auch nicht erfunden, sondern kopiert von einer Freundin, die mir das auch ein bisschen ans Herz gelegt hat. Das ist schon angenehm, nicht nur ein Baby zu haben für so einen langen Zeitraum und ich bin sehr happy damit. Wie gesagt, es ist auch schön, das Baby um sich zu haben, aber es ist auch schön unter Erwachsenen zu sein. Ja, und ich bin auch froh deshalb, dass ich in der IT arbeite und auch dass mein Partner in der IT arbeitet. Also deswegen wünsche ich mir eigentlich auch, dass nicht nur Women in Tech, sondern Parents in Tech oder was auch immer, damit man das halt auch so realisieren kann, wie man das möchte, wenn man das zum Beispiel so machen möchte.

Stefanie:

Das ist natürlich auch, muss man ja sagen, wenn man in der IT arbeitet, man arbeitet am Bildschirm, man muss nicht unbedingt ins Büro gehen, zwangsläufig. Es ist auch schon eine privilegierte Position.

Hanna:

Ja, genau. Wir arbeiten im Homeoffice und da hat uns halt auch so dieses Remote Work uns in die Hände gespielt, dass niemand sonst auch im Büro ist und man auch nicht das Gefühl hat, man verpasst was. Also wir sind extrem privilegiert als Eltern gerade. Das ist schon sehr schön, dass man es sich aussuchen kann, dass man das so macht.

Stefanie:

Man kann ja auch sagen, bei INNOQ ist Remote Arbeit ja auch generell möglich, unabhängig von Corona. Wie war das vorher bei dir? Bist du da regelmäßig ins Büro gegangen oder eigentlich jetzt erst durch Corona zu Hause geblieben?

Hanna:

Also ich bin davor sehr gerne ins Büro gegangen. Ich wohne in Berlin und das Büro ist so mit dem Fahrrad 15 Minuten entfernt. Ich vermisse das auch sehr. Also ich arbeite auch gerade gerne im Homeoffice. Also es ist einfach praktisch. Aber ich habe das halt schon immer gemocht, so den persönlichen Austausch, die Gespräche an der Kaffeemaschine.

Stefanie:

Wie macht ihr das denn jetzt? Also wenn du arbeitest, ist der Rest der Familie dann trotzdem zu Hause? Und wie ist das denn so? Also ich stelle mir Kinder weinen und lachen und spielen vor. Kannst du dich da richtig konzentrieren?

Hanna:

Ja, der ist jetzt auch gerade hier und vielleicht hat man am Anfang auch was gehört, aber ich hoffe nicht. Also ich bekomme dann manchmal schon was mit, aber dadurch, dass mein Partner auch von Anfang an mit dabei war bei der Aufzucht, wie sagt man denn, bei der Erziehung. Erziehung ist es eigentlich noch nicht. Also in der Elternzeit hat mein Partner alles mitbekommen, weiß ich, dass er das genauso gut kann wie ich. Es gibt wenige Momente, wo ich dann sage, okay jetzt gehe ich mal rüber, weil er dann auch so das Gefühl hat, wenn ich dann rumkomme, dann denkt er, dass ich glaube, dass er Hilfe braucht. Das möchte er dann auch nicht so unbedingt. Und es ist auch schön so.

Stefanie:

Man muss auch mal den anderen machen lassen.

Hanna:

Genau, das habe ich auch früh gelernt, dass das sehr wertvoll ist. Auch sich so Freiheiten zu geben, was das Kind angeht. Das funktioniert auch. Hätte ich auch nicht gedacht, dass es so gut funktioniert mit diesem Kontext, dass man zu Hause ist und sich konzentriert auf die Arbeit, aber für uns geht das ganz gut.

Stefanie:

Und du bist in dein altes Projekt zurückgegangen. Wie konntest du da nahtlos wieder anknüpfen an das, was du vorher gemacht hast? Wie funktioniert das jetzt, wo du ja weniger Stunden da bist?

Hanna:

Ja, guter Punkt. Also Grüße auch an meinen Principle an der Stelle. Genau, der Falk hat das ermöglicht, ich habe ihm das auch gesagt, also ich war im Mutterschutz für ein paar Monate. Ich hab ihm gesagt, ich würde sehr gerne in mein Projekt zurück, weil sich in Teilzeit einzuarbeiten ist schon härter als einfach weiterzuarbeiten in Teilzeit. Und natürlich hätte ich das auch gemacht, aber es ist so viel angenehmer. Ich glaube auch für den Rest des Teams und es ist natürlich auch immer eine Frage, was der Kunde so möchte. Wir arbeiten ja für Kunden, nicht für uns selber und dadurch sind wir auch davon abhängig, was der Kunde mitmacht. In dem Fall hat er das auch unterstützt und das war eigentlich alles angenehm unkompliziert.

Stefanie:

Wie machst du das eigentlich, bist du dann den Tag über nur vier Stunden da oder bestimmte Tage voll dann, oder wie machst du das?

Hanna:

Also ich arbeite immer vier Stunden und ich habe dann auch jede Woche den gleichen Rhythmus, damit mein Team auch weiß, okay Hanna: ist immer Montag Vormittag und Dienstag Nachmittag und Mittwoch Vormittag und Donnerstag und so weiter. Genau, es ist sehr durchgeplant alles. Es ist nicht so wie, ich arbeite dann, wenn es gerade passt, weil das würde glaube ich bei mir nicht funktionieren, sondern es ist halt alles sehr durchstrukturiert und ich glaube, dass es auch genau deshalb mit meinem Team zum Beispiel ganz gut funktioniert.

Stefanie:

Und der Kunde, der weiß dann auch, dann und dann bist du nicht da, dann kann er dich nicht erreichen und dann halt am nächsten Tag wieder.

Hanna:

Genau.

Stefanie:

Spannend. Also wir haben uns jetzt ein bisschen unterhalten. Ich finde das ganz spannend. Also dieser Werdegang von okay ich weiß gar nicht, was ich in der IT zu tun habe und du machst den Eindruck, als wenn du ziemlich gesettled bist in dem was du tust. Genauso jetzt mit dem Baby zu Hause. Finde ich sehr spannend. Vielleicht abschließend noch, wenn dein Sohn dann soweit ist und sich mal entscheiden muss, okay, was mache ich? Was würdest du dem dann sagen, ist IT ein Beruf, der es wert ist?

Hanna:

Also wie gesagt, er hat zwei Informatiker als Eltern. Er wird glaube ich um das Thema nicht herumkommen. Wenn er mich fragt, ich würde ihm sagen, er soll das machen, was ihn interessiert. Also es wird sich dann zeigen, was er für eine Person wird, aber ich würde ihn jetzt nicht zwanghaft in die IT schicken. Er wird halt wie gesagt damit in Berührung kommen.

Stefanie:

Es gibt ja tolle Berufe da draußen. Von Medizin über Tischler, über Bootsbauer, alles mögliche. Es ist glaube ich wichtig, dass man so The Big Picture hat. Was gibt es alles da draußen und sich dann raussucht, okay, das ist das Richtige für mich. Wenn man von vornherein keine Ahnung hat, was es alles gibt oder falsche Vorstellungen hat, dann ist das schon mal schlecht.

Hanna:

Und eigentlich wäre es schlauer, wenn man ihn auch mal vor anderen Berufen sozusagen setzt. Also damit er nicht das gegenteilige Problem hat, wie ich als Kind, dass ich nur so Berufe kannte, die nicht IT waren. Und ich würde mir auch wünschen, dass er - Tischler wäre zum Beispiel toll, weil dann würde er viele Skills, die wir nicht haben, ersetzen. Also ich hoffe einfach, dass sich das, was man gut kann und das, was einem Spaß macht, dass das halt irgendwann bei allen Menschen irgendwie zu einem Beruf führt. Muss auch nicht immer beides sein, finde ich, aber so, dass es so zu einem passt und auch vielleicht eine schlaue Entscheidung ist. Das ist, finde ich auch nochmal so ein Punkt.

Stefanie:

Genau, so Punkte wie finanzielle Absicherung.

Hanna:

Arbeitszeiten.

Stefanie:

Arbeitszeiten, wie kann man das mit Familie irgendwie gut vereinbaren? Solche Dinge spielen auch eine Rolle. Und auch vielleicht, dass man nicht alle Skills von Anfang an haben muss, sondern sich auch weiterentwickeln kann und reinwachsen kann in bestimmte Rollen.

Hanna:

Ja, da hoffe ich, dass das in Zukunft auch mehr Normalität wird, dass man sein Leben lang auch mal wechseln kann zwischen Berufen.

Stefanie:

Dass dieser berühmte rote Faden im Lebenslauf nicht mehr so dominant ist. Cool, vielen Dank, Hanna, ich fand das richtig spannend. Ich hoffe, dir hat es auch Spaß gemacht. Vor allem hoffe ich natürlich, dass unsere Zuhörerinnen und Zuhörer Spaß daran hatten. Wenn ihr mögt, schickt uns Feedback, oder abonniert unseren Podcast, falls ihr es noch nicht gemacht habt, ihr könnt auch eine E-Mail an [email protected] schreiben, wenn ihr uns was mitteilen wollt. Danke fürs zuhören und bis zum nächsten Mal. Tschüss!

Hanna: Tschüß!